Das „Polaroid, Fuji, Impossible“ Sofortbild Duell

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„Ich hätte gerne eine Polaroid Kamera, wo die Bilder sofort raus kommen aber das Ganze ist so verwirrend.“

Diese Aussage könnte kaum zutreffender sein, dann der Markt der Sofortbildfotografie ist heute so unübersichtlich wie niemals zuvor. Schuld daran ist hauptsächlich die Pleite des früher wohl größten und auch noch bekanntesten Anbieter der Instandfotografie – POLAROID.

 

Damit du dich nicht selber durch den Jungle der Filme, Formate und Kameras wühlen musst, stelle ich hier die drei noch lebendigen Systeme vor, zeige deren Stärken und Schwächen auf und gebe dir am Ende eine Empfehlung, für welche Aufgaben welches System das beste ist.

mpola_600erDas erste System ist das Polaroid 600 / Impossible System. Wie jeder andere auch, so kennst du bestimmt das typische Polaroidbild. Ein eckiger Bildausschnitt mit weißem Rahmen, welcher am unteren etwas breiter ist. Und genau dieses kultige Format hat 600er Film. Nur leider hat Polaroid die Produktion dieser Filme 2008 eingestellt und das original Rezept sozusagen mit ins Grab genommen. Aber zum Glück trat im gleichen Jahr das Impossible Project auf den Plan, kaufe die Filmfabrik auf und stellt seither den 600er Film auf eigene Faust her, jedoch mit einer anderen Rezeptur.

Durch die andere Zusammensetzung der Fotochemie, ist das Bild nach dem austreten aus der Kamera, für einige Zeit noch lichtempfindlich und muss erst mal für 30 Minuten vor Licht geschützt werden. Dazu reicht es aber das Bild einfach mit der Fotoseite nach unten auf den Tisch zu legen oder, was ich persönlich für praktischer halte, in ein Buch zu klemmen. Nach den 30 Minuten kann man die Bilder dann erstmals anschauen aber meist sind sie zu diesem Zeitpunkt noch recht dunkel, blaustichig oder haben auch mal Chemieblasen.

Nach gut einer Stunde, sind die Bilder dann meist fertig ausentwickelt und bekommen, wenn die Belichtung korrekt war, ihren typischen gelblich blauen Retrolook, an den meiner Meinung nach kein Instagram Filter heran kommt. Leider sind die Bilder jedoch nicht sehr licht beständig und bleichen über Monate hinweg immer weiter aus, wenn man sie zum Beispiel an die Wand hängt. Was aber kein Nachteil sein muss, sondern den retro Charm in meinen Augen noch erhöht.

An Kamera hat man eine große Auswahl auf dem gebraucht Markt. Von der einfachen 1000 Land ohne Blitz, bis hin zu modernen Modellen mit Autofokus via Ultraschall wird man sicher schnell fündig werden. Das tolle an diesen Kameras ist weniger ihre optische Qualität oder ihren vielen Einstellungsmöglichkeiten als viel mehr ihr Look. Kamera wie Sun 600 oder die SuperColor 635 sind Ikonen die jeder auf den ersten Blick erkennt. Leider haben die meisten 600er Kameras recht wenig Einstellmöglichkeiten. Blitz an, Blitz aus, eine einfache Belichtungskorrektur und eventuell noch eine Nahlinse und das wars. Die Belichtung wird vollautomatisch bestimmt und selbst fokussieren darfst du nur selten. Die meisten Kameras dieser Fraktion, sind fast alle sehr groß jedoch auch sehr leicht. Du kannst sie also getrost den ganzen Tag um den Hals tragen aber in eine Umhängetasche passen die meisten nicht unbedingt hinein. Polaroid 600er Kameras sind meist recht günstig zu haben und schwanken so zwischen 10 und 30€.

Zwei kleine Untergruppen stellen das SX-70 und das Spectra/Image Format dar. Die Spectra Kameras lassen sich etwas kleiner zusammenklappen und haben ein Rechteckiges Film Format, wohingegen die SX-70 Kamera meist Spiegelreflexkameras mit mehr Einstellungsmöglichkeiten sind, dessen Bildgröße aber mit dem der 600er identisch ist. Aufgrund ihrer höheren Qualität sind SX-70 Kameras meist etwas teurer so von 40 – 70€. Die Spectras entsprechen grob den 600ern.

Da es sich beim Film wie gesagt um Nachbauten handelt, welche nur in kleiner Stückzahl produziert werden, ist das 600er System mit seinen beiden Ablegern das teuerste. Eine Packung mit 8 Bildern schlägt meist mit 20€ zu buche, was am Ende einen Preis von 2,50 Pro Bild macht.

Ich selber besitze eine Polaroid SuperColor 365CL und hatte im Frühling eine menge Spaß damit. Ich würde dir dringend empfehlen um die 1000 Land einen Bogen zu machen und direkt ein Modell mit Blitz zu kaufen, da sich die besten Gelegenheiten für Portraits meist in ruhigen Runden gegen Abend ergeben. Abseits davon sind Polaroids etwas für den Sommer, also für richtig helle Tagen mit massig Licht. Im Winter bekommt man eher verblaute dunkle Bilder, die nichts von dem haben, was den Polaroid Bildlook auszeichnet.

 

Das nächste System wäre das Polaroid 300 Trennbild oder englisch Pealapart System. Aber keine Angst, hier müsst ihr nicht auf Nachbauten zurück greifen, denn Fuji hat hier seine Finger im Spiel und stellt mit dem FP-100c einen eigenen Film her. Wenn du dich jetzt fragst, warum gerade dieser Film noch lebt, dies hat hauptsächlich folgenden Grund. Der Film wird von professionellen Fotografen benutzt um zu testen, ob die Belichtung stimmt. Sie machen also mit ihrer Kamera ein Polaroid, gucken ob alles so ist wie sie sich das denken und benutzen dann erst den richtigen Film.

mpola_300erWie der Name Trennbild Film schon sagt, müssen wir etwas trennen und zwar das Bild von den Entwicklungskomponenten. Dabei musst du grob abschätzen, wie warm es gerade ist oder den Film unter deinem Arm oder deiner Jacke wärmen. Wichtig ist, dass du eine bestimmte Zeit nicht unterschreitest, denn wenn der Film bei 25° Grad 90 Sekunden zum Entwickeln benötigt und du ihn nach einer halben Minute bereits trennst, hat er nicht genug Zeit das Bild richtig zu entwickeln und du bekommst ein zu dunkles blaues Bild. Zusammengefasst musst du also fast immer eine einhalb Minuten waren, bevor du das Bild vom Rest trennen kannst. Dafür bekommst du aber ein fast fertiges Bild, welches in der nächsten Viertelstunde nur minimal nachdunkelt. Auch sind die Trennbilder recht haltbar und verblassen ähnlich stark wie normale Bilder. Als Zugabe erhälts du theoretisch ein Negativ, welches du aber noch besonders chemisch behandeln muss, bevor du es einscannen kann. Jana hat übrigens eine tolle Anleitung dazu verfasst.

Die Bilder haben tolle knallige Farben und je nach Kamera einen leichten Retrolook. An den Charme der 600er Bilder von Impossible kommt der Trennbildfilm von Fuji aber leider nicht heran. Auch fehlen den Bildern die typischen Abmessungen, so bekommt man lediglich ein rechteckiges Bild mit dünnen weißen Rahmen.

Die typischen Kameras für den Trennbildfilm sind die Polaroid Kameras der Land 300er Serie. Bei diesem Kameras handelt es sich entweder um massive Plastikmonster, die meist gerade noch so in den Rucksack passen oder um Faltkameras, welche zusammen geklappt an die amerikanische Claymore Landmine erinnern. Letztere sind zusammengefaltet zwar immer noch alles andere als klein aber da sie so recht flach sind, passen sie zumindest schon mal in die Umgängetasche. Von den Einstellungen her, geht bei den Kameras meist ein wenig mehr, als bei denen der 600er Serie, neben der Belichtungskorrektur haben die meisten Falter einen manuellen Fokus, welcher dir das Scharfstellen per Hand erlaubt. Meist kommt dazu ein Messucher mit Mischbild zum Einsatz, welcher zwar zu Beginn verwirrend sein kann aber nach einer Weile kommst du damit sicher ganz gut zurecht. Zwei Probleme haben die Kameras jedoch, zum einen benötigen einige davon entweder recht seltene Batterien oder aber welche die so nicht mehr Produziert werden. Da die Elektronik dieser Kameras jedoch meist recht simpel aufgebaut ist, kannst du dir mit etwas Geschick und Elektronikwissen recht leicht eine Lösung basteln oder du lässt basteln. Das zweite Problem sind Blitze, denn die alten Bulieden sind noch auf Blitzbirnchen geeicht, moderne Blitze lassen sich per Synchronspecker  zwar anschließen funktionieren aber nicht immer wie sie sollen. Land Kameras der 300er Serie kosten mit 25-45€ meist etwas mehr als ihre 600er Kollegen.

Alternativ kann man es natürlich auch gleich so machen wie die Profis und sich ein Polaroid Rückteil für eine Mittelformat Kamera kaufen. Benjamin zum Beispiel benutzt ein solches Rückteil an seiner Mamiya RB67. Dadurch hast du natürlich alle Einstellmöglichkeiten eines Profis und am Ende hochwertige Bilder in der Hand, wenn du alles richtig gemacht hast. Dafür kostet eine solche Kamera mit Rückteil aber auch mal schnell 250€ und oft wird das Bild nicht komplett belichtet, so bleiben bei der erwähnten Mamiya immer zwei schwarze Balken links und rechts auf dem Foto unbelichtet.

Mit 16€ für 10 Bilder ist Trennfilm um einiges Günstiger ,als der für die Polaroid Kameras der 600er Serie. Was vor allem daran liegt, dass dieser Film noch immer von Profis verwendet wird. Am Ende kommt man so auf 1,60€ pro Bild.

Ich selber besitze eine Polaroid 330 Automatic, welcher ich eine neue Stromversorgung verpasst habe, was eigentlich kein größerer Aufwand gewesen ist. Mit der Kamera bin ich soweit zufrieden nur will das gute Stück nicht so recht mit meinem Metz Mecablitz zusammenarbeiten. Die Bilder sind super aber halt nicht übertrieben Retro. Ich würde dir empfehlen, die Belichtung immer einen Strich auf „lighten“ zustellen, um hellere und wärmere Bilder zu bekommen. Außerdem solltest du dich beim Trennen der Bilder genau an die Anleitung halten. Ich habe einmal eins falsch getrennt und danach die Finger voller Fotochemie.

 

Unser nächstes System ist das Instax System von Fuji. Dieses ist nicht nur das jüngste sondern auch das lebendigste, denn Fuji stellt nicht nur den Film, sondern auch die dazugehörigen Kameras her und zwar neu. Dabei teilst sich das System in zwei Formate, einmal das Wide und das Mini Format. Ersteres ist rechteckig und hat dem typischen breiten Balken am längeren Rand, zweites ist ebenfalls rechteckig mit dem Balken am kürzeren Rand, wodurch es sich eher für Hochkantaufnahmen eignet. Aber dazu später mehr.

mpola_instaxNach dem Schuss wird das Bild aus der Kamera transportiert, sobald man den Auslöser, nach dem Schuss, wieder loslässt. Dabei bekommt man zuerst ein rein weißes Bild zu sehen, welchem man dann aber in Echtzeit dabei zusehen kann, wie es sich langsam entwickelt. Meiner Meinung nach ein extrem magischer Moment, welcher den anderen beiden Systemen einfach fehlt. Nach gut einer Minute kann man das Bild schon gut erkennen, nach einer weiteren zeigt das Bild einen extrem retro Look, welcher aber nicht bleibt, sondern sich in den nächsten 5 Minuten so gut wie vollständig verzieht und das Bild mit einem leichteren retro Look zurück lässt. Du musst auf das Bild also nicht aufpassen, sondern kannst es einfach auf den Tisch legen und zusehen wie das Bild entsteht.

Das Endresultat ist licht beständig und hat den erwähnten leichten Retrolook. Dabei ist die Größe der Wide Bilder in etwas mit jener der anderen Systeme vergleichbar, nur der Mini Format ist um einiges kleiner und meiner Meinung nach einfach zu klein für die meisten Anwendungen aber es gibt auch Leute, die super damit klar kommen.

Kameras gibt es wie gesagt neu und sogar in fast jedem Elektromarkt oder Fotogeschäft. Dabei haben die meisten Vertreter jedoch alles andere als retro Charme. Da das Instax System ende der 90er auf den Markt kam, haben die Kameras auch das Design dieser Periode. Zwar haben die aktuellen Kameras ein überarbeitetes Erscheinungsbild aber dieses geht eher in Richtung japano Kitsch. Die bekanntesten sind wohl die Mini 8 Knutschkugel in rosa und die aufgedunsene Wide 210 in schwarz. Diese Kameras bieten typisch leider recht wenige Einstellungen. Blitz an, Blitz aus, heller, dunkler, Nahmodus. Besteht man auf ein retrohaftes Äußeres seiner Instax Kamera so muss man zu den neusten Modellen wie der Mini 90 Neo Classic oder der Wide 300 greifen, hier bezahlt man zwar einiges mehr, bekommt dafür aber neben retro Charme auch mehr Einstellmöglichkeiten wie Motivprogramme, Stativgewinde und Doppelbelichtungen.

Alternativ bietet die Firma Lomography seit einigen Monaten Kamera für Instaxfilm an. Die Lomo’Instant und Lomo’Instand Wide schlagen zwar mit über hundert Euro zu buche, bieten dafür aber auch einiges mehr an kreativem Spielraum.

Unter den Sofortbild Systemen stellt das Instax System die günstigsten Filme. Bei eine Doppelpackung Wide mit 20 Bildern für 20€ macht das 1€ pro Bild. Die gleiche Doppelpackung Mini macht bei 17€0,85€ pro Bild.

Ich selber besitze seit kurzer Zeit eine gebrauchte Instax Wide 210 von 2009 und habe das gute Stück auf der letzten Familienfeier sehr erfolgreich eingesetzt. Zugegeben, die Kamera ist zwar keine Schönheit aber am Ende zählen eh die Bilder und die waren klasse. Meine Verwandten waren alle ganz begeistert, dass sie die Fotos direkt in Augenschein nehmen konnte.

mpola_groessen_vergleichHier noch mal kurz alles Zusammengefasst:

Behandlung der Bilder

Polaroid 600: Muss 30 Minuten vor Licht geschützt werden

Polaroid 300: Muss nach ~90 Sekunden getrennt werden

Instax: Man kann dem Bild beim Entstehen zusehen

Art der Bilder

Polaroid 600: Quadrate mit weißem Balken und extremen Retrolook

Polaroid 300: Rechtecke ohne Balken und schwachem Retrolook

Instax: Recktecke mit Balken und mittlerem Retrolook

Kameras

Polaroid 600: Alte günstige typische retro Kameras

Polaroid 300: Noch ältere aber teurere extrem retro Kameras

Instax: Neue Kamera mit japano Knutschlook

Preis

2,5€ pro Bild

1,60€ pro Bild

1€ pro Bild

So ich hoffe ich konnte dir helfen, dich in dem Jungle des Sofortbildes zurecht zu finden und dir die Entscheidung etwas leichter machen. Ich würde mich natürlich freuen von deinen Erfahrungen in den Kommentaren zu lesen.

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Wie sicher viele in meinem Alter damals, so um 2005, habe ich mit etwa 17 meine erste digitale Knipse bekommen. Um genau zu sein, eine echt grässliche Jaycam i6180 aus dem Teleshopping. 2008 gab diese dann leider den Geist auf und so bin ich auf eine um einiges bessere Samsung L200 umgestiegen, mit der ich aber auch eher sporadisch und meist im Urlaub fotografiert habe. Die wirklich Begeisterung für die Fotografie hat mich erst 2012 so richtig gepackt. Hauptsächlich ausgelöst natürlich durch Socialmedia im Allgemeinen und Instagram im Besonderen. Ich fand den Look der Bilder faszinierend, konnte mir aber kein Smart- phone leisten und so durchsuchte ich die Klamotten meiner Eltern nach einer angeblich noch vorhandenen Kamera. Und so fand ich eine alte Rollei 35 mit Tessar Objektiv, welche sofort mit auf den nächsten Urlaub kam. Als ich die Bilder das erste mal in der Hand hielt war ich begeistert von dem Look und vor allem auch von der Qualität. dany Da die Rollei zwar eine tolle Kamera ist aber ich mit dem Schätzen der Entfernung so meine Probleme habe, dauerte es keine paar Monate bis ich mit der Canon Av-1 und zwei Drittherstellerobjektiven in 50 und 135mm meine erste eigenen analoge Spiegel-refelxkamera besaß. Ab da an gab es natürlich auch später eine digitale Spiegelreflex- kamera aber die kommt meist wirklich nur zum Einsatz, wenn es gerade schnell gehen muss. Aktuell arbeite ich mit meiner neuen Yashica T3 und eine Mamiya RB67 will dringend ausprobierte werden.