Leitfaden: Welches Objektiv ist für was?

„Ich habe ganz viele Objektive aber ich weiß nicht, für was die alle gut sind.“

Diese Frage oder eher diesen kleinen Hilferuf, höre ich immer wieder von Leute, die eigentlich genau das richtige getan haben und zwar sich direkt eine komplette Ausrüstung am Stück zu kaufen. Oben seht ihr meine Ricoh Ausrüstung von vor gut einem Jahr, ebenfalls am Stück erworben und hier als Beispiel.

Um den genauen Verwendungszweck eines Objektives zu bestimmen, sehen wir und die sogenannte Brennweite an, also genau den Wert, welcher auf mm ( Millimeter ) endet. Was diese Brennweite physikalisch genau ist, interessiert uns dabei eher weniger, denn ich gehen hier erstmal nur auf den praktischen Nutzen ein.

Auch beziehe ich mir hier auf Kleinbild, habt ihr also eine Mittelformat Kamera, gelten andere Regeln, die ich sicher aber auch noch irgendwann erklären werde.

Fischeye oder unter 28mm

Dass sich unter deinen Objektiven ein echtes Fischauge befindet ist zwar eher unwahrscheinlich aber sollte sich zumindest eine Brennweite unter 28mm unter deinen Objektive befinden, würde ich dich umgehen bitten dieses erstmal zur Seite zu legen. Damit will ich dich nicht ärgern, sondern eher warnen, denn diese Objektive machen durch ihre starken geometrischen und optischen Verzeichnungen dem Anfänger das Fotografieren unnötig schwer. Nahe Dinger erscheinen viel näher, als sie in der Realität sind und weite Dinge wirken viel weiter entfernt. Auch wird das Bild stark gewölbt, wodurch Personen auf Bildern aufgequollen wirken und unnatürlich große Nasen bekommen. Ein Fischauge ist zwar ein tolles Spielzeug aber es wird schneller langweilig als du denkst und das gestalten guter Fotos mit diesem Ding ist extrem schwer.

28mm

Seit ihr im Besitz einer neueren analogen Ausrüstung ist es sehr wahrscheinlich, dass sich diese Brennweite mit in eurem Team befindet. Bei 28mm bekommt ihr eine menge von der Umgebung mit aufs Bild, da es einen sehr weiten Winkel einfängt und zwar genau 75°. Was sich auf den ersten Blick toll anhört ist in der Praxis nicht immer von Vorteil, denn hier wirst du wahrscheinlich eher Suchbilder produzieren als aussagekräftige Fotos. Die meisten Objekte werden viel zu klein auf dem Bild wiedergegeben. Auch leidet diese Brennweite unter räumlichen und optischen Verzerrungen und ist aus diesem Grund kaum dazu geeignet Menschen aus nächster nähe natürlich darzustellen. 28mm ist vor allem etwas für Landschaften aber Vorsicht, lass die wichtigen Objekte nicht zu klein werden.

35mm

Sollte eure Ausrüstung etwas älteren Datum sein ist es sehr wahrscheinlich, dass ihr diese Brennweite unter euren Objektiven finden werdet. Sollte dies der Fall sein, habt ihr sehr viel Glück, denn mit einem 35mm Objektiv besitzt ihr eine der vielseitigen Linsen. Diese Brennweite ist nämlich für fast alles gut zu gebrauchen und ist nicht ohne Grund das „immer drauf Objektiv“ vieler Fotografen. Das 35mm deckt einen Blickwinkel von 64° ab und kommt damit dem bewussten Sehen des menschlichen Augen sehr nahe, wodurch es sehr intuitiv anfühlt. Durch ihren noch ausreichend weiten Bereich, kannst du mit dieser Brennweite noch gut Landschaften festhalten aber Bilder von Personen sind schon gut möglich, solange mehr drauf ist als nur das Gesicht. Richtig stark ist das 35mm in der Stadt, also der sogenannten Street Photograpy.

50 oder 55mm

Zusammen mit dieser Brennweite wurden damals Kameras verkauft und eine Ausrüstung ohne ein 50mm ist einfach nicht vollständig. Dieses Objektiv ist eine sogenannte Normalbrennweite, was einfach heißt, dass du hier die wenigsten geometrischen und optischen Verzerrungen hast. Was den Bildlook angeht kommt das 50mm dem menschlichem Auge am nächsten, entfernte Dinge erscheinen entfernt und nahe dinge nah und alles behält seine natürliche Größe. An den eher unnatürlichen Bildausschnitt von 46° muss man sich zwar, im Gegensatz zu 35mm, erst gewöhnen aber es lohnt sich. Bei Landschaften musst du dich jetzt eben auf das Wesentliche Konzentrieren und kannst keine ganzen Horizonte mehr einfangen aber genau darum geht es in der Fotografie, vielen Anfängern gelingen mit kleineren Winkeln bessere Bilder.

85 oder 105mm

Wenn du eines dieser beiden Schätze in deiner Ausrüstung findest hast du echt Glück, denn diese schönen Objektive sind leider sehr selten. Was seinen Grund vor allem darin hat, dass sie nur zu einem einzigen Zweck wirklich gut geeignet sind und zwar Portraits. Leider wird mit ihnen die Gestaltung von Landschaften zur ziemlichem Geduldsprobe, da man auf der einen Seite keine geschossenen Ansichten mehr hin bekommt und auf der anderen noch nicht nah genug dran ist um Details heraus zu arbeiten. In der alltäglichen Fotografie hat man immer das Gefühl, man würde von Motiv weg gedrückt. Beim 85mm hat man das Gefühl, immer zwei Schritte zurück gehen zu müssen. Dafür sind diese beiden Objektive halt auf ihrmen Spezialgebiet um so besser, mit ihnen gelingen die besten Bilder von Menschen und sie schaffen auch den beliebten unscharfen Hintergrund.

135mm

Hier hast du ein echtes Universalwerkzeug unter den doch, meist sehr speziellen, Objektiven über 50mm. Das 135mm mit einem Winkel von 18° kann alles, was die anderen auch können also hauptsächlich Portraits, Tiere und Details von Landschaften. Dafür stellen sich hier aber schon langsam die Nachteile von längeren Brennweiten ein und zwar geometrische Verdichtung, ferne Objekte wirken näher und nahe ferner und auch die Verzeichnung wird deutlich, diesmal verzerrt sich aber das Bild nach innen. Beide Effekte wirken jedoch nicht so unnatürlich wie bei kurzen Brennweiten und haben durchaus ihren Ästhetischen Reiz. Viele Gesichter profitieren sogar von diesen optischen Fehlern. Das 135mm kommt zwar an 85 & 105mm nicht ran aber dafür ist es auch häufiger zu finden. Besonders gut geeignet ist das 135mm für einen Zoobesuch, da die Tiere hier näher am Fotografen sind als auf Safari.

200 oder 70-200mm

Um ein echtes 200mm in der Ausrüstung zu finden muss diese schon beinahe Semiantik sein, wahrscheinlicher ist da eines der frühesten Zoomobjektive, das 70-200mm oder auch in Variation wie 75-205mm. Dieses Glas ist eure erste Wahl wenn es um Sachen geht die sehr weit weg sind oder darum geht den Effekt von langen Brennweiten auf die Spitze zu treiben. Manche Landschaften profitieren halt von der Räumlichen Verdichtung, die meisten Tiere im Zoo sehen halt erst richtig beeindruckend aus, wenn man sie bildfüllend einfängt und die Schönheit einiger Models kommt auch erst dann richtig raus, wenn man genau die richtige Brennweite findet. Und genau da hat das 70-200 einen gewaltigen Vorteil, denn durch die variable Brennweite kann man genau die Brennweite finden, welche dem Modell am besten sozusagen „steht“.

300mm

Diese Brennweite mit einem Winkel von weniger als 4° ist sehr speziell und genau wie das Fischauge am Anfang zwar äußerlich beeindruckend aber um so komplizierter in der Anwendung. Ohne ein Stativ oder zumindest einen Fuß wird man nur in seltenen Fällen verwacklungsfreie Bilder bekommen. Wirklich sinnvolle Bereiche für diese Monster ist eigentlich nur eine Safari.

So, ich hoffe ich konnte dir helfen und ein wenig Licht in dunkle bringen.

Solltest du noch Fragen haben, bitte damit in die Kommentare.

 

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Wie sicher viele in meinem Alter damals, so um 2005, habe ich mit etwa 17 meine erste digitale Knipse bekommen. Um genau zu sein, eine echt grässliche Jaycam i6180 aus dem Teleshopping. 2008 gab diese dann leider den Geist auf und so bin ich auf eine um einiges bessere Samsung L200 umgestiegen, mit der ich aber auch eher sporadisch und meist im Urlaub fotografiert habe. Die wirklich Begeisterung für die Fotografie hat mich erst 2012 so richtig gepackt. Hauptsächlich ausgelöst natürlich durch Socialmedia im Allgemeinen und Instagram im Besonderen. Ich fand den Look der Bilder faszinierend, konnte mir aber kein Smart- phone leisten und so durchsuchte ich die Klamotten meiner Eltern nach einer angeblich noch vorhandenen Kamera. Und so fand ich eine alte Rollei 35 mit Tessar Objektiv, welche sofort mit auf den nächsten Urlaub kam. Als ich die Bilder das erste mal in der Hand hielt war ich begeistert von dem Look und vor allem auch von der Qualität. dany Da die Rollei zwar eine tolle Kamera ist aber ich mit dem Schätzen der Entfernung so meine Probleme habe, dauerte es keine paar Monate bis ich mit der Canon Av-1 und zwei Drittherstellerobjektiven in 50 und 135mm meine erste eigenen analoge Spiegel-refelxkamera besaß. Ab da an gab es natürlich auch später eine digitale Spiegelreflex- kamera aber die kommt meist wirklich nur zum Einsatz, wenn es gerade schnell gehen muss. Aktuell arbeite ich mit meiner neuen Yashica T3 und eine Mamiya RB67 will dringend ausprobierte werden.