Der Einsteigerguide

Will man in die Welt der analogen Fotografie einsteigen ist es oft der erste Weg, dass man in einer Facebook-Gruppe, einem Forum. o. ä. die Frage nach der Kamera stellt die man kaufen soll und welchen Film man kaufen soll… Was dann passiert ist fast immer das gleiche, jeder weiß ganz genau was du für Kamera und Film brauchst – da aber 50 Leute auf deine Frage Antworten und jeder etwas anderes empfiehlt bist du nachher genauso schlau wie vorher und wenn du die Sachen befolgst wo sich noch einige der Antworten überschneiden oder Ähneln dann musst du erstmal 500€ in eine Kameraausrüstung investieren das du mitspielen darfst. Oft weiß man aber noch gar nicht ob das was für einen ist in der Analogwelt und 500€ nur um mal reinzuschnuppern sind viel Geld. Dies ist nur eines der „Einsteigerprobleme“… ich spreche da aus Erfahrung, ich habe das von Mitte bis Ende 2014 selber durch und bald hätte der Frustfaktor zu einem Abbruch der Aktion geführt. Deshalb möchte ich in ein paar einfachen Schritten dir das erleichtern was mir damals fast die Nerven gekostet und zeitweise durchaus Frust bereitet hat.

Schritt 1: Die Kamera

Falls du bereits eine digitale Spiegelreflexkamera besitzt und jetzt in die analoge Welt schnuppern willst empfiehlt es sich ein kompatibles System in Betracht zu ziehen – Hast du z. B. eine Sony-A-Mount-Digitalkamera so ist es empfehlenswert sich bei den Minolta Autofokus-Kameras umzusehen da diese ebenfalls A-Mount Anschlüsse besitzen – so können Vollformatfähige Objektive sowohl an der Digitalkamera als auch an der Analogen benutzt werden – das spart bares Geld. Oft ist ja aus der „Digitalzeit“ schon das passende 50mm Objektiv für die ersten Tests vorhanden und es wird nur eine Kamera benötigt. Ähnliches gilt natürlich auch bei Nikon, den Canon EOS-Kameras, usw. – Zu beachten ist allerdings das je nach Generation des Objektives und der Kamera z. B. kein Autofokus funktioniert – für die meisten Aufnahmen, und gerade für den Einstieg und die ersten Versuche reicht aber ein manueller Fokus völlig aus.

Die Minolta Dynax 404si im Einsatz

 

Damals war der Kauf einer Minolta 404si der einzige Punkt, den ich trotz vieler anderer Ratschläge richtig gemacht habe. Ich besaß eine Sony SLT-A57 und das Sigma 35mm f/1.4 Art als Vollformatfähiges Objektiv, dazu kaufte ich eben die Minolta 404si für damals 17€ (z. Z. ab rund 20€ bei eBay erhältlich) dazu. Klar ist das keine Wunderkamera – und natürlich gibt es immer besseres – aber für meine ersten Gehversuche war das „Ding“ optimal, der Autofokus funktionierte zwar nicht mit meinem Sigma aber das störte mich nicht. Falls man dann merkt das einem die analoge Fotografie nicht liegt (sehr unwahrscheinlich 😉 ) bekommt man so eine Kamera wieder zu seinem Einkaufspreis los und hat keinen Verlust gemacht, manchmal sind auch noch ganz brauchbare Objektive als Beifang dabei die man dann eben auch an seiner Digitalen nutzen kann.

Falls du gerade/noch keine Digitalkamera besitzt aber schon Ahnung von der Fotografie hast (Blende, Empfindlichkeit, Verschlusszeit, etc.), oder planst dich damit zu beschäftigen, empfiehlt es sich, falls du keine Autofokus benötigst, einen der günstigen Klassiker wie die Minolta x-300/500/700, die Canon AE1/AE1-Programm oder ähnliche Kameras aus dieser Generation zu kaufen, die gibt es oft zu absolut bezahlbaren Preisen, oft mit Objektiv, in der „Bucht“ (eBay) oder am Flohmarkt.

Falls du überhaupt noch keine Ahnung von Fotografie hast und dich auch nicht tiefer damit beschäftigen willst, sondern nur etwas für Schnappschüsse mit coolem „Analog-Look“ suchst ist eine sog. Point&Shoot-Kamera das richtige für dich… die bekommt man oft schon ab 5€ in der Bucht oder beim Flohmarkt. Eine weitere Alternative, wenn der „Look“ besonders trashig sein soll, sind Einwegkameras (ideal die mit Blitz) aus der Drogerie (z. B. Rossmann, dm, etc.).

Schritt 2: Der Film

Hier habe ich damals meinen ersten Fehler begangen und das falsche Material für den Einstieg gewählt – mir fehlte für dieses Material einfach die Erfahrung, und auch genügte das Produkt schlichtweg nicht meinen Anforderungen, bzw. waren meine Erwartungen einfach zu hoch. Ich kannte aus diversen Facebook-Gruppen tolle Schwarzweißfotos mit schönen Grauabstufungen und knackigen Kontrasten – das wollte ich damals auch – es sollte aber erst in einem der späteren Anläufe klappen…

 

Meine Wahl fiel damals auf den Lomograpy Earl Gray – ich hatte keine Ahnung und fand einfach die Webseite Hipp, aus der Digitalwelt „wusste“ ich je niedriger die ISO desto besser und schärfer wird alles, also den besagten Film gekauft, die Kamera auf die wie auf der Schachtel vermerkten 100 ISO eingestellt und fröhlich drauf los fotografiert – als die Sachen nach einer Ewigkeit aus dem Labor (dazu später mehr) wiederkamen war die Enttäuschung sehr groß, die Lichter waren matschig und die Schatten abgesoffen – irgendwie gar nicht ansehnlich das Ganze. Heute weiß ich das eine andere Belichtung für dieses Material erforderlich gewesen wäre, der Aufgedruckte ISO-Wert ist nämlich nicht der tatsächliche, effektive Empfindlichkeitswert des Films.

Durch meine Erfahrungen, auch mit anderen Einsteigern die ich „betreut“ habe, kann ich aktuell sagen das sich folgende Filme besonders gut für den Anfang eignen da sie eine gute Kosten-Qualitäts-Usability-Balance bilden:

2.2 Der Schwarzweiß-Negativ-Film: Ilford HP5 Plus
Mit einer Nennempfindlichkeit von 400ISO liegt er nur minimal über seiner bei seiner von mir auf ungefähr 250/320 ISO geschätzten tatsächlichen Empfindlichkeit und ist somit für den Anfang unrelevant (Einfach die 400ISO wie auf der Packung an der Kamera einstellen und los gehts) außerdem ist er sehr tolerant gegen Über- und Unterbelichtung – das garantiert Frustfreiheit bei den ersten Versuchen – Irgendwas kommt immer dabei raus 😉
Beziehen könnt ihr den Film z. B. über den Online-Fachhandel bei Fotoimpex oder Macodirekt, da es sich um einen richtigen „Klassiker“ handelt ist der Film aber auch beim gut sortierten Fachgeschäft um die Ecke oft erhältlich. Von den Schwarz-Weiß-Filmen aus der Drogerie (APX100/APX400) kann ich hier für den Einstieg nur abraten.

Lieber bei anfänglichen Filmwahl etwas tiefer in die Tasche greifem, um zu sehen, was analoge Fotografie wirklich kann.

Beispielbild Ilford HP5 Plus in der Minolta Dynax 404si – Mein Einsteigersetup

 

Beispielbild Ilford HP5 Plus in der Minolta Dynax 404si – Mein Einsteigersetup

 

2.3 Der Farb-Negativ-Film: Kodak Color 200 bzw. Kodak Gold 200
Ein einfacher Farbfilm der keine Wunder verspricht aber äußerst kostengünstig ist und doch recht gute Ergebnisse und einen leichten Retro-Look liefert. Er ist in fast jeden Fachhandel sowie bei dm, Rossmann & Co erhältlich. Alternativ ist noch Kodak Ultramax (400 ISO), und die Fuji Superia Filme (200 oder 400ISO) zu nennen die in einer Ähnlichen Liga spielen. Jetzt kommt der Clou, Farbfilme sind bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Kodak Ektar) sehr tolerant was Fehlbelichtungen angeht – im Allgemeinen sind sie aber Lichthungrig. Nach dem Einlegen in die Kamera einfach den ISO-Wert auf die Hälfte des auf der Packung aufgedruckten Wertes einstellen und du wirst gute Ergebnisse erhalten (also z. B. bei einem 200er Film die Kamera auf 100ISO einstellen und bei einem 400er Film die Kamera auf 200ISO einstellen, usw.)

Beispielbild Kodak Gold

Von Diafilmen wie Agfa Precisa 100ct, Fuji Provia und Velvia ist für allererste Versuche anzuraten, diese liefern zwar grandiose Ergebnisse setzen aber eine perfekte Belichtung und somit etwas tieferes Wissen Voraus.

Schritt 3: Belichten

…und mein zweiter Fehler damals: Vermeide am Anfang Experimente und Langzeitbelichtungen (hier gibt es besondere Effekte die beachtet werden müssen). Wenn du dir nicht ganz sicher bist, geb lieber etwas mehr Licht zu als unterbelichten, Filme vertragen einfach meist etwas mehr Licht.

Schritt 3: Entwickeln & Scannen

Damals habe ich hier den nächsten Fehler gemacht…
Gerade bei euren ersten Versuchen empfehle ich euch wärmstens eure Filme in ein Fachlabor zu geben – es sei denn ihr wollt bewusst einen trashigen-look. Bei meinem damals eingesendeten s/w-Film hat es fast 4 Wochen gedauert bis ich die Scans der Negative hatte, und die waren einfach nur matschig und sahen sch*** aus. Erfahrungsgemäß passiert es auch das bei den Drogerien schonmal auch ein Film verschwindet oder mit Kratzern zurückkommt. Das Fachlabor ist zwar etwas teurer, bietet euch aber wenn ihr euch einen „kleinen“ Betrieb aussucht auch meist gutes Feedback was ihr falsch gemacht habt falls es nicht auf Anhieb klappt – ihr zahlt also nicht für die Entwicklung, sondern für den Service! Persönlich bin ich seit ca. 3 Jahren, nachdem ich einige Irrläufe hinter mir hatte, bei Foto Weckbrodt in Hannover gelandet, das ist eines dieser tollen Fachlabore mit persönlichem Ansprechpartner und hervorragender Fachkompetenz. Außerdem ist mir persönlich noch Studio 13 in Stuttgart bekannt bei dem ich auch schon eine Rolle Film hatte und mit dem ich auch telefonisch gesprochen hatte und ebenfalls zufrieden war. Sicherlich gibt es noch mehr gute Labore die hier erwähnt werden könnten – da ich aber noch keinen Kontakt hatte kann ich da nichts dazu sagen.

Was den Scann angeht lasst ihr euch am besten von eurem Labor telefonisch beraten, hier werden meist verschieden Scanner und Auflösungen angeboten – das macht preislich oft gravierende Unterschiede!!! Für die ersten Versuche reicht meist das oft sehr preisgünstig angebotene Standardverfahren.

 

Beispielbild Fuji Superia 400

 

Ich hoffe ich konnte euch etwas weiterhelfen, bei Fragen einfach unten rein in die Kommentare 😉

 

Mehr von mir gibts hier zu sehen 😉

http://sieberphotoart.de/
http://facebook.com/sieberphotoart/

Nach ein paar Jahren Digitaltechnik, begann ich mich für die analoge Fotografie zu interessieren. Ich spezialisierte mich auf den analogen Schwarz-Weiß-Prozess, der auch aktuell meinen Schwerpunkt bildet. Hauptsächlich arbeite ich Mittelformat mit der Mamiya RB67 Pro SD und der Mamiya 645 Super, nutze aber auch eine 4×5 Inch Großformatkamera und diverse Minolta Kleinbildkameras. An der analogen Schwarz-Weiß-Fotografie reizt mich einerseits die Reduktion auf das Wesentliche, sowie die andererseits schier unendlichen Möglichkeiten die der Prozess bietet. Wenn ich in Farbe arbeite so fällt meine Wahl immer mehr auf Diafilm.