Übertragung von digitalen Dateien auf Film
von Marwan El Mozayen / SilvergrainClassics
Warum sollte ein vernünftig denkender Mensch digitale Dateien auf Film übertragen? Ist das nicht ein Rückschritt? Warum sollte man bei all den Fortschritten in der Digitalfotografie jemals wieder zu etwas so „Althergebrachtem“ wie Film zurückkehren? Das klingt doch verrückt, oder?
(Titelseite eines Werbeprospektes von AGFA)
Die Wiederbelebung des analogen Zaubers
Nein – ganz und gar nicht. Es gibt viele Gründe, warum Fotografen und Filmemacher auch heute noch auf dieses Verfahren zurückgreifen. Doch bevor wir uns damit befassen, wollen wir uns mit einem Stück AGFA-Technologie ansehen, das in seinen Fähigkeiten unübertroffen ist: den AGFA Alto Color Film Recorder.
Der AGFA Alto Color Film Recorder wurde zu einer Zeit entwickelt, als Computer nur begrenzte grafische Möglichkeiten hatten. Der Filmrecorder war ein bahnbrechendes Gerät zur Übertragung digitaler Dateien auf analogen Film. Plötzlich war es kein Problem mehr, eine Präsentation auf Dias zu übertragen und sie mit einem gewöhnlichen Diaprojektor dem Publikum zu zeigen. Dieses Verfahren war in verschiedenen Branchen, von der professionellen Fotografie bis zu den Spezialeffekten in Hollywood, unverzichtbar. Denken wir an legendäre Filme wie Star Wars, bei denen digitale Effekte auf Film übertragen werden mussten. Die Special-Effects-Teams hatten nicht den Luxus der heutigen extrem leistungsfähigen Computer und verließen sich daher auf Maschinen wie den AGFA Alto Color Film Recorder, um ihre Kreationen auf der Leinwand zum Leben zu erwecken.
Bilder die sich natürlich anfühlen – fast organisch
Was also machte den AGFA Alto Color Film Recorder so besonders? Sein Herzstück ist eine Kathodenstrahlröhre (CRT-Röhre) mit 16 K Auflösung – eine für damaligen Verhältnisse außergewöhnliche Technologie. Die CRT-Röhre erhitzt eine Wolframspule. Diese wiederum veranlasst eine Kathode dazu, Elektronen zu emittieren. Die Elektronen werden dann moduliert auf einen phosphorbeschichteten Bildschirm fokussiert und erzeugen dadurch Licht. Im Gegensatz zum modernen Flüssigkristallbildschirm (LCD-Bildschirm), der eine Gitterstruktur zur Bilderzeugung verwendet, erzeugt der überlappende Leuchteffekt der CRT-Röhre eine natürlichere Lichtverteilung. Dieser Effekt der CRT-Röhre ist bei der Übertragung digitaler Bilder auf Film enorm wichtig. Denn das Verfahren bildet die Art und Weise nach, wie das menschliche Auge sieht, mit sanften Übergängen und natürlichen Glanzlichtern. Mit LCD-Technologie kann dies bis heute nicht erreicht werden, siehe dazu auch unseren Beitrag über speziell kalibrierte LCD-Monitore in Ausgabe 24 von SilvergrainClassics.
Ein altes aber heute noch geschätztes Verfahren, wenn Präzision gefragt ist
Dieser Leuchteffekt ist der Grund, warum der AGFA Alto Color Film Recorder auch heute noch unübertroffen ist. Der Phosphorschirm erzeugt Bilder, die sich natürlich anfühlen, fast organisch. Das lässt sich wunderbar auf Film übertragen. Aus diesem Grund wurde diese Maschine für Präzisionsarbeiten verwendet, wie zum Beispiel die Erstellung von Testtargets zur Bestimmung von der tatsächlichen optischen Auflösung eines Scanners. Verbreitet ist hier das SilverFast Resolution-Target (USAF 1951). Oder die Erstellung von IT8-Farbkalibrierungs-Targets für das Farbmanagement eines Scanners, wie dem SilverFast IT8-Target. Diese Targets erfordern extreme Genauigkeit. Selbst im heutigen digitalen Zeitalter ist der AGFA Alto Color Film Recorder immer noch eine der bevorzugten Maschinen für die Herstellung derartiger hochpräziser Werkzeuge.
Analog, archiviert und haltbar über Generationen
Warum sollte man sich heute noch die Mühe machen, digitale Dateien auf Film zu übertragen? Zum einen hat Film eine einzigartige Ästhetik, die digital einfach nicht erreicht werden kann. Vergleicht man ein digitales Bild mit einem auf Film belichteten und und in der Dunkelkammer vergrößerten Foto, fällt sofort auf: da ist eine bestimmte Textur, Tiefe und Fülle, die der Film von Natur aus bietet. Selbst die modernsten Digitalkameras haben Mühe, diese analoge Wärme zu reproduzieren. Und für diejenigen, die ein authentisches, zeitloses Gefühl suchen, insbesondere bei Galerieabzügen oder Kunstfotografie, kann die Übertragung von digitalen Dateien auf Film einem Bild neues Leben einhauchen.
Ein weiterer Grund ist die Archivierungsqualität. Es ist erwiesen, dass Filme, wenn sie richtig gelagert werden, jahrzehntelang, ja sogar jahrhundertelang haltbar sind, ohne an Qualität einzubüßen. Digitale Dateien hingegen unterliegen Datenfehlern, Formatänderungen und technologischer Alterung. Überträgt man seine digitalen Dateien auf Film, ist sicher gestellt, dass die wertvolle Arbeit, die in einer Aufnahme steckt, den Langzeittest in einer physischen, greifbaren Form besteht. Es existiert etwas, das über Generationen hinweg gelagert, archiviert und bewundert werden kann.
Digitaler Workflow und klassische Dunkelkammer sind kein Widerspruch
Dann gibt es noch den hybriden Workflow – eine Methode, die heute von vielen analogen Fotografen praktiziert wird. Auf Film fotografiert, werden Negative oder Dias für die digitale Bearbeitung zunächst gescannt. Die Ergebnisse lassen sich für soziale Medien und die eigene Webseite nutzen. Digitale Daten können dank Verschlagwortung und Hinzufügen weiterer Metadaten der Übersichtlichkeit und Ordnung im Bildarchiv dienen. In der Ausgabe 22 von SilvergrainClassics sind wir ausführlich auf den Workflow eingegangen.
Sobald die Bearbeitung abgeschlossen ist, lassen sich digitale Dateien natürlich auch wieder zurück auf Film übertragen. Nachgelagert können in der Dunkelkammer traditionelle Vergrößerungsabzüge auf Barytpapier oder anderen klassischen Formaten entstehen. Bilder digital zu bearbeiten und dennoch authentische, analoge Abzüge zu erstellen, ist kein Widerspruch, sondern es sind sich sinnvoll ergänzende Prozesse. Es ist eine Möglichkeit, das Beste aus beiden Welten zu kombinieren: den Komfort und die Präzision der digitalen Bearbeitung mit der zeitlosen Schönheit und dauerhaften Haltbarkeit von Film.
Unübertroffene Schärfe und Detailgenauigkeit
Der AGFA Alto Color Film Recorder eröffnet auch kreative Möglichkeiten für Filmemacher und Special-Effects-Künstler, die mit hybriden Verfahren arbeiten. Früher war der AGFA Alto Color Film Recorder ein wichtiges Werkzeug für die Übertragung von Stop-Motion-Effekten oder digital erzeugten Bildern auf Kinofilm. Hollywood-Studios wie Lucasfilm verließen sich sogar auf Maschinen wie diese, um digitale und analoge Filmelemente nahtlos zu integrieren.
Präzision und Vielseitigkeit des AGFA Alto Color Film Recorders sind bis auf den heutigen Tag herausragend. Das drückt sich schon in den produzierbaren Filmformaten aus: 35 mm, 120er Mittelformat, 4×5 inch Großformat und sogar Kinofilm lassen sich belichten. Ganz gleich, ob Schwarz-Weiß-Negative, Farbnegative oder Farbdiafilme angesagt sind: der AGFA Alto Color Film Recorder lieferte eine unübertroffene Schärfe und Detailgenauigkeit. Seine Fähigkeiten sind legendär. Sein Qualitätsniveau kann auch nach heutigem Maßstab den des digitalen Workflows übertreffen.
Es geht um den Film
Die nächste Ausgabe 25 von SilvergrainClassics erscheint Ende November / Anfang Dezember 2024. Darin geht es in verschiedenen Beiträgen um den Film und seine Verarbeitung und ausführlich um die klassische Projektion von Dias auf Leinwand mittels Diaprojektor.