Die Wichtigkeit von Technik in der Fotografie ist ein heiß diskutiertes Thema. Doch wie wichtig ist dieses Element nun wirklich? Ich versuche mich innerhalb dieses Artikels, systematisch einer möglichen Antwort zu nähern.
„You don’t make a photograph just with a camera. You bring to the act of photography all the pictures you have seen, the books you have read, the music you have heard, the people you have loved.“— Ansel Adams
Technik ist ein wesentlicher Bestandteil der Fotografie. Man muss sie für einen gewissen Grad verstehen, um sie bei der Erzeugung von Bildnissen optimal ausnutzen zu können. Das Beherrschen der Parameter ermöglicht ein eigenständiges Arbeiten ohne Zufälle oder ungewollte Überraschungen. Für jeden ambitionierten Fotografen ist dies der Schlüssel zur Reproduzierbarkeit. Doch ist das wirklich absolut notwendig um gute Aufnahmen zu machen? Selbst einer der größten technischen Fotografen, Ansel Adams, hat immer wieder betont, dass die kreative und konzeptionelle Gestaltung einer Arbeit immer noch das wichtigste ist. Der Grundstein auf dem die Technik aufbauen sollte. Nicht umgekehrt.
Es folgt persönliches Geschwafel, wer den Artikel kurzfassend erleben möchte sollte das kursiv geschriebene ignorieren.
Als ich vor neun Jahren anfing mich mit der Fotografie zu beschäftigen, war mein erstes Ziel die Kamera komplett manuell bedienen zu können. Für mich gehörte das, selbst als Neuling dieser Materie, einfach dazu. Als technisch interessierter Mensch ist mir das auch nicht schwergefallen. Nach nicht ganz einer Woche habe ich alle Gegebenheiten verstanden, um das Potenzial der Kamera zumindest ausreichend auszuschöpfen.
Da ich nun die Möglichkeit hatte mit Empfindlichkeit, Verschlusszeit und Blende zu jonglieren, konnte ich auch eine alte, komplett manuelle, Kamera meiner Großeltern ausprobieren. Also habe ich auch bereits von Beginn meiner fotografischen Reise, zumindest nebenbei, schon auf Film fotografiert. Man kann sagen, dass das technische Verständnis der Fotografie, die Fotografie auf Film für mich erst möglich gemacht hat. Ebenso war es dieses Verständnis komplexerer Zusammenhänge, welches mir die digitale Fotografie irgendwann hat eintönig erscheinen lassen, da es in der Welt der Filmfotografie (scheinbar) viel mehr zu lernen und zu entdecken gab. Ich oute mich hier also als absoluter Techniker.
Doch gehen wir einfach mal davon aus, dass wir bereits länger Fotografieren und unsere Aufnahmemethoden Hand und Fuß besitzen. Wir kommen zu Ergebnissen, die uns und andere auf technischem Niveau zufriedenstellen.
Je länger und intensiver man sich jedoch mit der Fotografie an sich beschäftigt, erkennt man, was wirklich eine Rolle spielt. Es sind nur Bilder die wichtig sind. Fotografen teilen sich oft in zwei Lager auf. Die Kreativen und die Techniker. Meistens, so habe ich festgestellt, sind die Fotos der kreativen Fotografen, die von Technik kaum oder zumindest nur zu einem gewissen Grad an Hintergrundwissen verfügen, weitaus besser, als die Arbeiten der Leute, die sich größtenteils technisch wunderbar auskennen. Die Techniker haben große Defizite bei den Ideen und der Bildkomposition. Das ist aber nun mal viel wichtiger als jede Technik. Wenn ich beispielsweise aus einer Film-/Entwickler-Kombination noch die letzten 15-20% herausholen kann, dann ist das vielleicht schön, jedoch nicht notwendig. An dem Inhalt oder der Qualität der Fotografie ändert sich rein gar nichts.
Viele große Fotografen in der Vergangenheit waren keine großen Techniker. Es waren die Fotos an sich, die ihren Erfolg ausmachten. Nehmen wir mal das Buch „Die Amerikaner“ von Robert Frank als Beispiel. Dies ist eines der bekanntesten Fotobücher der Geschichte. Wenn man sich die Negative anschaut, wird man schnell feststellen, dass diese oft alles andere als korrekt belichtet waren. Früher wurde auch viel häufiger ohne Belichtungsmesser gearbeitet. Das schätzen der Lichtsituation ist, besonders in Innenräumen, nicht immer einfach. Besonders das damalige Filmmaterial war im Umfang beschränkter als das was wir heute benutzten. Daher ist es heutzutage, auch rein technisch, viel einfacher zu guten Ergebnissen zu kommen.
Fakt ist also: Die Technik allein zu beherrschen, macht noch keinen guten Fotografen aus. Ein guter Fotograf macht gute Fotos und gute Fotos sind nicht essenziell von guter Technik abhängig. Ich will niemanden entmutigen, sich ausgiebig mit Technik zu beschäftigen. Als Fotograf kann man da nur Pluspunkte machen. Ich will nur jedem davon abraten sich darin zu verlieren.
Nehmt eine Kamera (egal welche) ein Objektiv (egal welches) und macht einfach gute Bilder. Das geht sogar, wenn man nicht „richtig“ belichtet oder „richtig“ entwickelt. Kamera, Linse, Film und Entwickler sind nur ein Mittel zum Zweck. Wenn die Bilder gut sind, interessier das überhaupt nicht, ob die Fotografie mit einem Film von Kodak, Foma oder Ilford entstanden ist. Der verwendete Entwickler ist auch egal. Das Motiv und die Komposition ändern sich nicht plötzlich mit der verwendeten Technik.
Also, macht euch locker und macht Fotos – Keine Wissenschaft.
Ein Wort zum Schluss:
Wer die Technik beherrscht, besonders im Bereich der analogen Fotografie, weiß schon zum Zeitpunkt der Aufnahme, wie sein Ergebnis hinterher aussehen wird. Er kann auch verschiedene Looks und damit Stimmungen, durch die Manipulation seiner Materialien erzeugen und durch die gesammelte Erfahrung, dies schon bei der Konzeption im Vorfeld berücksichtigen. Das spart Zeit, Geld und Frust. Ersetzt jedoch kein fotografisches Auge.
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