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Mein erstes Magazin – „Melancholie“
Seit mehr als 2 Jahre schwirrt mir der Gedanke im Kopf umher, ein eigenes Buch oder eine Zeitschrift mit meinen fotografischen Arbeiten zu veröffentlichen. Ich habe mir Notizen gemacht, Bilder ausgewählt und wieder alles verworfen. Selbstzweifel, sind meine Bilder gut genug? Reicht es für eine Veröffentlichung? Mitte des Jahres war es soweit, die Idee war in meinem Kopf fertig gereift. Jetzt konnte die konkrete Planung beginnen. Mit diesem Artikel möchte ich Euch die Angst nehmen und Euch inspirieren so ein Projekt anzugehen
Warum möchte ich dieses Projekt verwirklichen.
Mich stört es schon so lange, Bilder nur für Instagram & Co zu produzieren, die dann in einem Bruchteil von Sekunden für gut oder schlecht bewertet werden. Unsagbar viele Bilder verschimmeln auf den Festplatten, die ich in den letzten 12 Jahren gefüllt habe. Mein Wunsch ist es etwas Nachhaltiges zu schaffen, dass zum Verweilen einlädt und nicht einfach nur mit oder ohne Herzchen weggewischt und dann vergessen wird. Ich stecke so viel Herzblut in die Erstellung meiner Bilder, dass ich etwas Werthaltiges schaffen wollte.
Wie bin ich zum Titel meines Magazins gekommen?
Das fotografische Thema, welches mich von Beginn meiner Fotografie an, immer wieder einfängt, fesselt und fasziniert, heißt Emotionen. Ich liebe es Emotionen von Menschen einzufangen. Was lag also näher, als genau dieses fotografische Thema meinem ersten Magazin zu widmen. Schnell war der Titel des Magazins gefunden „Melancholie“
Der schwierigste Part – Die Bildauswahl
Die erste Auswahl der Bilder die Infrage kommen habe ich in Lightroom getroffen. Ich habe mir eine „Zielsammlung“ angelegt und Einzelbilder und Bildstrecken in diesen Zielordner gelegt. Dann habe ich diese Bilder ausgedruckt, auf den Boden gelegt und geschaut wie diese Bilder in Paaren oder Strecken wirken. In Briefumschlägen habe ich die möglichen Serien und Paare gesammelt. Es sind mehrere Wochen vergangen, dann habe ich diesen Schritt wiederholt. Reflektiert euch, stellt euch infrage. Dieser Prozess ist der Wichtigste und braucht Zeit. Holt Euch bei diesem Schritt Hilfe! Ich habe eine gute Freundin, die keine Fotografin ist, aber einen unglaublich großartigen Blick auf Bilder hat – wir haben gerungen, viel diskutiert, geschoben und Wein getrunken. Dann stand die mögliche Auswahl. Ein fremder außenstehender Blick hilft ungemein, weil er nicht so emotional mit den Bildern verbunden ist wie der eigene Blick auf seine Bilder.
riechen, anfassen, fühlen
Darüber habe ich mir lange Gedanken gemacht. Für mich war schnell klar, ich möchte keine Kompromisse bei der Qualität eingehen. Ich habe mir viel Inspiration geholt, indem ich mir Bildbände und Magazine von anderen Fotografen angeschaut habe. Angeschaut habe ich mir wie die Seiten aufgeteilt sind, welche Randabstände gewählt wurden, wie wurde Spannung aufgebaut, so dass das Anschauen der Bilder für den Betrachter nicht langweilig wird. Welches Format wurde gewählt und wie wirkt es auf mich? Schnell war klar, dass ich aus dem klassischen DIN-Format raus muss. Der „worst key“ wäre A4 – Jede Rechnung, jedes Dokument im Büro, alles wird in diesem Format gedruckt. Letztendlich habe ich mich für ein Format 320x240mm entschieden, dass aus dem Raster raus ist und den Bildern genug Raum zum Wirken gibt. Somit waren die klassischen und bekannten Druckereien wie Saal Digital und Co raus. Hier bekommt man nur eine sehr kleine Auswahl an Papierformaten und sie waren mir zu unpersönlich. Das Format 320x240mm hat noch einen weiteren Effekt, es ist das größte Format, dass mit einem Großbrief preiswert mit der Post versendet werden kann.
Die Haptik, der Geruch von frisch gedrucktem Papier – dass ist mir alles sehr wichtig. Ich liebe gedruckte Bilder. Ein Magazin eines Fotografen hat mir besonders zugesagt. Auf dem Umschlag fand ich den Namen der Druckerei und so habe ich den Telefonhörer zur Hand genommen und angerufen. Ich war beeindruckt mit wie viel Leidenschaft die Menschen auf mich eingegangen sind und ich kann ganz schön egozentrisch sein. Hatte viele Fragen, Ängste, tausend Änderungen. Hier ist Vertrauen elementar wichtig. An dieser Stelle möchte ich mich bei der Druckerei Wegner aus Bremen für ihre Geduld bedanken. (www.wegnergmbh.de)
Ich fand gleich beim ersten Telefonat gut, dass sich die Druckerei mit Fotografen und Künstlern beschäftigt und schon unzählige Bildbände und Magazine gedruckt hat und für diese Art der Veröffentlichungen brennt, alles ist klein, familiär und trotzdem hochprofessionell und modern. Das hat mir das nötige Vertrauen gegeben den Druckauftrag dort zu platzieren. Schließlich geht es um viel Geld.
Bei einem Besuch vor Ort, haben wir alle Details besprochen, mein Layout angeschaut und abgestimmt. Auch noch einmal über die richtigen Schriftarten gesprochen. Ich habe mich für Helvetika entschieden.
Beim Papier habe ich mich für ein helles, leicht haptisches Fine Art Papier in der Stärke 170g und für einen Pigmentdruck entschieden. Dieser Druck arbeitet mit Tinte, die in das Papier einzieht und sehr, sehr gute Ergebnisse erzielt. Mit diesem Verfahren sind auch kleine Auflagen möglich. Das Cover ist ebenfalls ein Fine Art Papier in der Stärke 360g. Das verleiht dem Magazin genügend Festigkeit und unterstreicht trotzdem den leichten Magazincharakter. Das Cover lasse ich kratzfest cellophaniertich beschichten. Das verhindert Abrieb und das Anhaften von Schmutz. Als kleines Extra habe ich das Cover so gestaltet, dass es sich nach Innen umschlagen lässt. Das gibt zusätzliche Festigkeit und dient als Lesezeichen. Dahinter verstecke ich ein Bild, um Neugierde zu wecken und habe einige Details zu mir und meinem Magazin angedruckt. Das Magazin wird im Buchblock in Klebetechnik gebunden.
Das Layout
Ich habe mich mit dem Layout selbst beschäftigt. Es gibt Software wie Indesign von Adobe oder Affinity Publisher und sicher noch viele andere. Ich habe Affinity Publisher getestet und dann für ca. 50€ gekauft. Mir hat gefallen, dass es keine Abo Gebühren gibt.
Als erstes habe ich mir die Layouts für die Inhaltsseiten und das Cover angelegt. Hilfslinien und Abstände bestimmt, an denen man später die Bilder und die Texte anheften kann. Ich finde es wichtig mit möglichst gleichen Randabständen zu arbeiten. Wenn es einen Rand gibt, dann immer muss es immer der Gleiche sein. Ich habe mit viel Freiraum gearbeitet, leere Seiten neben einem Aufmacher Bild in schwarz oder weiß zum Beispiel. Gebt den Bildern den nötigen Raum um zu wirken. Denkt in Bildstrecken und zusammengehörigen Bildern, die sich in ihrer Bildaussage unterstützen. Die Geschichte zu den Bildern wird bei jedem Betrachter eine andere sein. Ihr legt mit euren Bildern nur die Leitplanken im Kopf fest. Die Assoziationen oder die Interpretation überlasst dem Betrachter. Bei meinem Magazin habe ich mich für wenig Text entschieden. Es gibt eine Einleitung zum Magazin (1/3 Seite) und am Ende eine Danksagung, die allgemein gehalten und nicht zu persönlich ausfallen sollte sowie ein paar Zeilen über mich als Person. Zu den Bildstrecken habe ich nichts geschrieben. Die Druckerei erhält eine druckfähige PDF Datei, die sich aus dem Publisher exportieren lässt.
Wie mache ich das Magazin bekannt
Ich habe mich entschieden, dass Magazin im Eigenverlag zu publizieren. Eine ISBN Nummer und somit die Eintragung in allen Buchkatalogen ist nicht sehr teuer (ca. 150€), aber ich habe
mich für das erste Magazin dagegen entschieden. Was bedeutet Eigenverlag? Das bedeutet, dass ich mich um alles selbst kümmere. Druckerei, Layout, Marketing und Versand. Bildbände sind eine Nische und für den ersten Versuch habe ich mich für eine Druckauflage von 100 Exemplaren entschieden. Die Kosten liegen im niedrigen vierstelligem Euro Bereich. Mir geht es nicht darum mit dem Magazin Geld zu verdienen. Es ist ein zaghafter Versuch, ob diese Art der Bildpräsentation ankommt. Es reicht mir, wenn ich die Kosten kompensieren kann. Sollte tatsächlich etwas übrigbleiben, werde ich diesen Betrag an eine Caritative Einrichtung spenden. Bewerben werde ich es natürlich auf Facebook und Instagram und auf meiner Webseite über die das Magazin für 25€ inklusive Versand bestellt werden kann.
ToDo`s
Legt Euch für das Projekt ein Notizbuch an, damit Ihr den Überblick behaltet.
- Warum möchte ich ein Magazin herausbringen? Schreibt Euch das auf!
- Was möchte ich veröffentlichen? Thema, Inhalte, Bildstrecken
- Welchen Titel soll das Magazin tragen? Was will ich dem Betrachter damit sagen?
- Die Bildauswahl? Lasst Euch helfen und andere und unabhängige Personen mit drüber schauen? Achtet darauf, dass dieser Mensch auch echte, konstruktive Kritik übt. Ein, das sind alles tolle Bilder, hilft Euch nicht weiter. Trennt Euch von Lieblingsbildern, die nicht zum Inhalt passen. Druckt die Bilder aus, das ist ein anderes Erlebnis als am Rechner.
- Mit welcher Druckerei möchte ich zusammenarbeiten?
- Welches Druckverfahren? (Offsetdruck, sehr hohe Qualität aber Aufgrund der Technik lohnt es sich nur bei hohen Stückzahlen ca. 1000 Stück, Tonerbasierter Digitaldruck oder tintenbasierter Pigmentdruck) Lasst Euch auch gern von der Druckerei beraten.
- Auswahl des Formates? Macht etwas außergewöhnliches, dass nicht in die routinierten Sehgewohnheiten passt. Raus aus den DIN Formaten.
- Hard- oder Softcover?
- Papierauswahl? Haptik, Geruch, Papierfarbe, Wie wirken meine Bilder auf dem Papier. Lasst Euch Muster zeigen.
- Holt Euch Angebote ein.
- Wie soll das Layout aussehen? Zeichnet Euch das auf, druckt Euch die Ergebnisse aus und probiert, was gut zu Euch passt.
- Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle – dass kann ich nicht oft genug sagen, ihr seht irgendwann den Wald vor Bäumen nicht. Lasst Euch auch hier helfen. Gedruckt ist gedruckt und wie in Stein gemeißelt.
- Rechte am Bild, denkt an die Zustimmung der Menschen im Magazin. In der Modelkartei gibt es einen guten TFP Vertrag mit einer Gewinnbeteiligung für die Protagonisten.
- Auftrag an die Druckerei geben – puh das ist ganz schön aufregend!
- Wie kann das Marketing aussehen? Webseite, Shop, Instagram, Facebook
- „Autogrammkarte“ zum Beilegen und zum Auslegen gestalten
- Versandkartonagen bestellen (hieran hängt das Porto, ich habe nach Großbrief Verpackungen geschaut)
Ich wünsche Euch viel Spaß bei eurem eigenen Projekt. Mein Magazin zum Thema „Melancholie“ ist Anfang Dezember 2021 im Eigenverlag herausgekommen.
Hier kann man das Magazin bestellen
Der Artikel ist auch in der PhotoKlassik 01/2022 am 07.12.2021 erschienen
Lars Walter
Freiberuflicher Fotograf
Instagram: @shoot_4_you
Internet: www.larswalter.de