„Film lehrt mich, loszulassen, mich selbst weniger zu kritisieren
und mir Fehler zu erlauben“
Hallo Nina, schön, dass du mit uns im Mai auf Baltrum warst. Die einzigste Frau. Und die einzigste Profi-Fotografin – du bis Familien- und Hochzeitsfotografin. Erzähle uns gerne ein wenig mehr über dich, deine Arbeit, deine Ideen und Ziele in deiner Fotografie.
Nina Kordes, Nina Kordes Photo (NK)
Ich fotografiere schon lange digital – auch beruflich. Aber seit ich die analoge Fotografie für mich entdeckt habe, hat sich etwas verändert. Sie inspiriert mich auf eine ganz andere, tiefere Weise.
Inzwischen bringe ich die analoge Fotografie auch immer öfter in meine Arbeit mit Kundinnen und Kunden ein, wenn ich zum Beispiel Familien fotografiere oder Hochzeiten. Ich habe vor, in Zukunft noch mehr kreative Sessions auf Film umzusetzen – gern auch in Zusammenarbeit mit anderen Künstlerinnen und Künstlern. Ich liebe atmosphärische Porträt-Shootings, die nicht einfach „schön“ sind, sondern Geschichten erzählen.
Die Naturaufnahmen von Baltrum sind eigentlich nicht typisch für mein Portfolio – und trotzdem spiegeln sie meine Stimmung und die Atmosphäre, die ich transportieren möchte, ganz wunderbar wider.
HG
Warum fotografierst du auf Film? Welche Bedeutung hat der Film in deinem Leben?
NK
In gewisser Weise ist die analoge Fotografie für mich auch eine Form von Kunsttherapie. In unserer heutigen Zeit leben wir oft so sehr in unseren Gedanken; manchmal bekomme ich das Gefühl, darin zu ertrinken. Die analoge Fotografie hilft mir, aus diesem Gedankenkarussell auszusteigen. Sie ist eine Art Entschleunigung, eine Meditation. Da man die Bilder nicht sofort kontrollieren oder ‚verbessern’ kann, bleibt mehr Raum dafür, den Moment wirklich zu spüren.
Dank Film kann man auch viel über sich selbst lernen. Ich habe gelernt, loszulassen, mich selbst weniger zu kritisieren und mir Fehler zu erlauben. Film ist für mich fast zu einer Sucht geworden. Als ich einmal damit angefangen hatte, konnte ich einfach nicht mehr aufhören. Man kann ständig etwas Neues lernen, es wird nie langweilig. Es gibt so viele Möglichkeiten, so viele kreative Techniken und Ideen, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.
HG
Was erhoffst du dir von der Zukunft des Films?
NK
Ich freue mich riesig zu sehen, dass die analoge Fotografie wie ein Phönix aus der Asche aufsteigt und immer präsenter wird. Nun hoffe ich, dass sie sich weiterentwickelt – und dass wir in manchen Bereichen wieder mehr auf Qualität statt auf Quantität setzen.
Besonders wünsche ich mir mehr Austausch im echten Leben: eine stärkere Community, mehr Begegnungen, mehr Kurse, mehr Möglichkeiten zu lernen – gemeinsam, analog, im echten Dialog. So wie beim Workshop von SilvergrainClassics auf Baltrum.
HG
Mit welchen Kameras arbeitest du?
NK
Zufälligerweise stieß ich eines Tages auf eine alte Leica R3, die in unserer Familie lange in Vergessenheit geraten war. Als ich begann, damit zu fotografieren, war es um mich geschehen. Da ich damals keinerlei Ahnung von analoger Fotografie und Kameras hatte – und die Leica leider zur Reparatur musste , lernte ich auf diesem Weg einen großartigen Menschen kennen, der mich unterstützt und beraten hat: Ralf Bertram von Leica Store Hamburg. Er hat mich in die Leica-Welt eingeführt. So bin ich bei Leica geblieben.

HG
Mit welchen Filmen arbeitest du am liebsten?
NK
Momentan fotografiere ich ausschließlich auf 35mm-Film. Das kleine Format, die Kompaktheit der Kamera und die unkomplizierte Arbeit mit 35mm-Film in der Dunkelkammer geben mir eine wunderbare Freiheit beim Fotografieren. Außerdem verreise ich gern mit wenig Ausrüstung – das passt perfekt dazu.
Einen Lieblingsfarbfilm habe ich bisher nicht – ich teste gerade viel mit Cinestill. Kodak Gold ist natürlich ein perfekter Urlaubsfilm für mich.
HG
Was passiert, wenn du einen Film belichtet hast?
NK
Mein Workflow ist eigentlich ganz einfach. Ich entwickle und vergrößere meine Schwarzweißfilme in meiner kleinen Dunkelkammer zu Hause.
HG
Nina, ganz herzlichen Dank dafür, dass du deine Gedanken und Ideen mit uns teilst. Danke für deine Bilder. Wir wünschen dir ganz viel Freude auf deinen fotografischen Entdeckungsreisen und viele spannende Projekte.
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