Daniela Benzin interviewt Christian Dirks

Hey Chris, schön, dass du dir ein paar Minuten für mich Zeit
nimmst Ich bin durch deine Tanzbilder auf Dich aufmerksam geworden.
Bist du selbst Tänzer oder wie kommt es dazu, dass du meistens
tänzerische Aufnahmen veröffentlichst?

Hey, danke für dein Interesse, ich hoffe ich kann hier etwas beitragen
was Wert hat!
Ich hab tatsächlich in meinem Alltag so gut wie nichts mit Tanz zu
tun. Ich schaue mir hin und wieder ein Video oder eben Fotos an,
selber (zeitgenössisch) getanzt habe ich aber tatsächlich noch nie,
auch Live-Aufführungen habe ich noch nicht so viele gesehen.

Auch wenn ich das versuche zu ändern.
Aber um zu deiner Frage zurück zu kommen:

Es waren dann wohl auch die Fotos. Konkret fällt mir jetzt gerade
Daniel Barth ein, aber es gibt da sicher auch noch ein paar andere
Inspirationen. Ich fand diese Bilder einfach unglaublich stark und
inspirierend und wollte das auch gerne machen. Ich habe mir dann mal
eine Tänzerin gesucht um das auszuprobieren und ich wurde von dieser
Erfahrung nicht enttäuscht. Insgesamt würde ich gerne noch viel mehr
solcher Fotos machen. Ich muss aber noch anmerken, dass ich vielleicht
viele Tanzfotos veröffentliche, das aber vllt daran liegt, dass bei so
einem Shooting mehr Variation entsteht. Eigentlich fotografiere ich
mindestens genau so oft Portraits und auch dieser Bereich meiner
Fotografie ist mir enorm wichtig. Und ich glaube manchmal ist das in
meinen Tanzfotos durchaus zu sehen.

Die meisten Bilder von Dir sind s/w Aufnahmen. Hat das einen
speziellen Grund?

Jein. Als ich meine letzte digitale Kamera weggegeben habe (das dürfte
so 2012/2013 gewesen sein), habe ich auch mal Farbfilme ausprobiert,
war aber, wohl wegen schlechter Scans, mit den Farben so gar nicht
zufrieden. Mittlerweile versuche ich grade wieder mehr Farbe
auszuprobieren, wenn man 3-4 Jahre aber zu 98% s/w fotografiert hat
ist das gar nicht so einfach.

Hast du eine Lieblingsausrüstung die du fürs Fotografieren
benutzt? (Lieblingskamera.. Lieblingsfilm..)

Bei der Kamera bin ich nicht super wählerisch, mag allerdings gerne
handlichere und manuelle Kameras. Da meine wichtigsten Objektive
 voll manuell sind ist mir außerdem ein Schnittbildsucher wichtig. Bei
manuellen analogen Kameras ist der aber auch nicht so schwer zu
finden. Mein Lieblingsfilm ist ganz klar der Kodak Tri-X. Ich mag die
Kontraste und das durchaus grobe Korn sehr gern. Ich hab auch schon
andere Filme ausprobiert, die durchaus auch ihre Vorzüge haben, der
Tri-X hält mich jedoch fest.

Entwickelst und scannst du deine Bilder eigentlich selbst oder
lässt du das machen und warum?

Ich lasse entwickeln und scannen. Selber entwickeln traue ich mir zwar
zu und habe ich auch schon probiert, beim Scannen erreiche ich jedoch
schlichtweg nicht die Qualität die ich von meinem Fachlabor kriege.
Von der Zeit, die ich mit der Staubentfernung verbringen müsste ganz
zu schweigen. Da mache ich lieber Fotos in der Zeit.

Ich finde, dass man in jedem Bild auch etwas persönliches
preisgibt. Welchen Teil von Dir sehen wir in deinen Bildern?

Mit Abstand die aller schwierigste Frage, für die ich mir tatsächlich
nochmal mein Portfolio durchschauen musste. Ich bin ein ruhiger Mensch
und ich glaube gerade meine Portraits zeigen das. Gleichzeitig ist mir
wichtig, dass meine Fotos eine Form von Stärke ausstrahlen. Ich weiß
nicht, ob das ein Teil von mir ist, oder ob das das ist, was ich in
meinen Models sehen möchte. Und in manchen meiner Fotos zeigt sich
sicherlich auch eine Form von Leiden oder Anstrengung, ohne das jetzt
wahnsinnig dramatisieren zu wollen. Mein Leben ist schön, aber bei
weitem nicht perfekt, genau so wenig wie die Welt in der wir Leben.
Und ich hoffe, dass das zumindest hin und wieder durchkommt.

Wenn du die Chance hättest, 3 bis 5 Bilder in einer Ausstellung zu
veröffentlichen. Welche wären das und warum genau diese?

Und das wäre dann wohl die zweit schwierigste Frage. Ich würde wohl
versuchen, ein Gleichgewicht zwischen Portraits und Tanz zu schaffen
(also vermutlich 4 Bilder?).
Ich denke da wäre zum einen ein Portrait von Lisa, das erst kürzlich
entstanden ist. Ich liebe, dass es so extrem reduziert und klar ist,
fast schon flach wirkt. Das Sakko was sie trägt ist eigentlich nur als
schwarze Fläche auf dem Bild zu sehen, es gibt dort keine Details und
das ist gut so, auch das Licht ist ziemlich unaufgeregt. Ihr Blick
aber, und darum geht es, hält mich fest, lässt kein Ausweichen zu.


Beim zweiten Bild würde ich vllt etwas schummeln: Es ist ein Bild von
Martha, das sehr portraithaft ist, aber eigentlich eine Tanzaufnahme.
Auch hier wieder: Außer Martha ist auf dem Bild nicht viel, das Bild
beginnt links mit ihrem Ellbogen und endet rechts mit ihrer Schulter.
Martha hat sich hier ganz auf ihre Hände konzentriert, die sie beim
Tanzen immer sehr viel benutzt und scheint komplett in der Bewegung
versunken. Ich habe das Gefühl hier einen sehr intimen Moment
festgehalten zu haben und bin sehr dankbar, das zu dürfen.


Dann wäre da ein Foto von Susann . Das würde ich
technisch gerne nochmal machen (weiß aber noch nicht genau, was ich
anders machen würde), liebe das Bild aber sehr, weil es sehr gut den
Aspekt der Anstrengung den ich bereits angesprochen hatte durchbringt,
ohne die Stärke zu vernachlässigen. Susann hat ihre Augen zwar fast
geschlossen, ihre Haare hängen ihr im Gesicht, aber nichtsdestotrotz
geht ihr Blick nach vorn.


Zum Schluss muss ich dann wohl doch auf 5 Bilder hochgehen, weil ich
mich unmöglich entscheiden könnte. Beide dieser Fotos haben eins
gemeinsam: Beim ersten Blick weiß man nicht so richtig, was da
eigentlich gerade passiert. Das eine ist von Shauna .


Durch den ganz weißen Hintergrund ist es schwierig die Orientierung zu
finden, das Foto wirkt insgesamt sehr dynamisch, das gefällt mir.

Das andere ist ein weiteres Bild von Martha. Ich finde
die Geometrie des Hintergrunds passt sehr gut zu dem, was im
Vordergrund passiert, aber auch hier habe ich selber auf den ersten
Blick gar nicht ganz verstanden, was denn jetzt eigentlich wo ist.
Insgesamt übrigens eine spannende Frage, vor einem Jahr hätte ich mich
vermutlich schwer getan überhaupt Bilder zu finden, bei denen ich das
ernsthaft für eine gute Idee gehalten hätte, jetzt musste ich schon
eine Auswahl treffen.

Machst du Dir vor einem Fotoshooting einen genauen Plan oder lässt
du das Ganze einfach auf dich zukommen?

Ich lass es auf mich zukommen. Kurze Abstimmungen was Klamottenstil
und Location angeht, aber das war es dann in der Regel auch. Größere
Planungen habe ich versucht, liegt mir aber in der Regel nicht so.

Wenn du nicht gerade mit der Kamera in der Hand unterwegs bist, wo
findet man dich dann in Berlin?

Vermutlich auf dem Fahrrad oder im Bett, mit Netflix. Bei der
Nahrungsaufnahme ist auch nicht unwahrscheinlich.

Mittlerweile werden ja doch ein paar analoge Treffen veranstaltet,
wird man dich auf dem ein oder anderen sehen?

Eventuell fahre ich zum MeinFilmLab-Sommerfest Ende März, grade bin
ich aber in Berlin ziemlich beschäftigt und muss ausserdem noch
überlegen, ob ich die Kosten für Fahrt und Unterkunft nicht lieber in
Filme und Entwicklungskosten investiere Prinzipiell bin ich aber
immer gespannt, andere Kreative kennen zu lernen, ob jetzt analog oder
digital, fotografisch oder anderweitig.

Und zu guter Letzt: Kleinbild oder Mittelformat?

Kleinbild. Ich mag wie gesagt kleine und handliche Kameras sehr gern.
Auch wenn mich für Portraits die Kombination Mittelformat und Studio
zunehmend interessiert. Es ist aber keineswegs eine Glaubensfrage für
mich, beide Formate (und dann gibt es da ja auch noch Großformat) haben
ihre Vorzüge und Berechtigung!

Lieben Dank fürs Mitmachen
Grüße nach Berlin, Daniela

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