„Meine analoge Fotografie“ von Lars Walter

Ein Beitrag von Lars Walter

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Foto von Jens Strobach
Foto von Jens Strobach

Darf ich mich kurz vorstellen – ich bin Jahrgang 67, wohne in Berlin und fotografiere seit über 10 Jahren Menschen. 2020 bin ich nach vielen Jahren wieder zur analogen Fotografie gekommen. Als Jugendlicher habe ich mit einer russischen Zenit fotografiert und die Bilder in der Dunkelkammer entwickelt und auf Papier ausgelichtet. Heute arbeite ich hybrid, ich entwickle die Filme selbst, fotografiere mit einer eigens dafür entwickelten und gebauten Vorrichtung die Negative ab. Meine digitale Sony A7R3 ist mehr und mehr degradiert und dient zum. Licht im Studio testen und zum Digitalisieren meiner Negative 😉

Der Nachfolgende Artikel ist in Teilen in der PhotoKlassik 01/2021 erschienen. Viel Spaß beim Lesen.

Das Foto von mir hat ein guter Freund mit einer analogen Fujica GW690 Pro 6×9 Mittelformat Kamera bei einem gemeinsamen Fotoausflug geschossen. http://www.jens-strobach.de

In dem nachfolgendem Beitrag lasse ich Euch an meinen Studio- und Available Light Shootings teilhaben.

Das Interview hat Dragana Mimic geführt und den Text im Original verfasst.

Model und Muse die ich schon seit vielen Jahren immer wieder gern fotografiere

Ich habe die analoge Fotografie erst 2019 wieder für mich entdeckt, nachdem ich jahrelang ausschließlich digital unterwegs war. Ich habe auf YouTube ein Video des Fotografen Vincent Peters gesehen, der bis heute analog fotografiert, und bin auf die Idee gekommen, meine alte Zenit wieder zu reaktivieren, Entwickelt habe ich den Film dann bei einem Freund. Das entschleunigte, bewusste Fotografieren hat mich fasziniert.

Mein Kameraequipment

Im Kleinbildformat fotografiere ich mit einer Canon AE1 oder auch auch mit einer Praktica MTL5 mit verschiedenen Objektiven.

Im Mittelformat favorisiert ich die Pentacon SIX TL und seit Weihnachten wohnt auch eine Mamiya RB67Pro und eine RZ67 bei mir zu Hause. Portraits fotografiere ich im Mittelformat mit Brennweiten zwischen 80mm und 180mm. Wobei ich eher ein Freund der höheren Brennweiten bin.

Ich bin immer wieder von der Qualität der Mittelformat Aufnahmen begeistert. Mein Lieblingsobjektiv für Porträts ist an der Pentacon SIX das 120mm f/2.8. Die alten DDR- Objektive sind von Zeiss Jena gefertigt und haben eine unschlagbare Qualität. An der Mamiya RB67 habe ich das 180mm f3,5 und an der RZ zusätzlich noch eine 127er Festbrennweite. Unverzichtbar beim Fotografieren von Porträts ist für mich außerdem ein Belichtungsmesser.

Filme und Entwicklung

Zu meinen Lieblingsfilmen zählen der Ilford FP4 (ISO 125) und der Ilford HP5 (ISO 400). Mit einem Feinkornentwickler entwickelt, finde ich das Korn beider Filme sehr harmonisch. Ich verwende den Amaloco AM74 als Standardentwickler, der bis zum Verhältnis 1:19 eingesetzt werden kann und somit auch recht preiswert ist.

Die Materialien beziehe ich in der Regel bei Nordfoto in Hamburg www.nordfoto.de

Auch beim Fixierer bin ich beim Amaloco gelandet. Ich habe außerdem zwei Entwicklerdosen, jeweils eine für Kleinbild- und eine für die 120er Rollfilme. Entwickelt wird in der Küche und getrocknet im Bad. Sehr hilfreich ist die App ‚Develop‘ auf dem Smartphone, in die einzelne Schritte der Entwicklung hinterlegt werden können und die dann als Timer fungiert. Die Mischverhältnisse und unterschiedlichen Kombinationen von Film und Entwickler lese ich auf der Webseite https://de.darkroom-solutions.com/cdc nach.

 

Porträts bei Available light und im Studio

Wenn ich mich auf Porträts bei Available Light vorbereite, packe ich Filme mit unterschiedlichen ISO-Werten ein, um auf die Lichtgegebenheiten vor Ort reagieren zu können. Außerdem ist ein Belichtungsmesser, meine Lieblingsobjektive (80mm, 120mm an der Pentacon Six bzw. an der Mamiya das 127mm und das 180mm Objektiv sowie die jeweilige Kamera dabei. Weitere Hilfsmittel verwendet ich nicht.

Im Studio sieht das Ganze schon anders aus. Ich arbeite mit Blitzköpfen von Elinchrom (400Ws), diversen Lichtformern wie Octaboxen in verschiedenen Größen, quadratische Softboxen, zwei Striplights mit Waben, Reflektoren, einen Beauty-Dish, Abschatter, einen Belichtungsmesser, um die Blitze einzumessen, und einen weißen, schwarzen sowie dunkelgrauen Hintergrund.

Seit kurzem teste ich einen weißen Vinylhintergrund. Zu einem späteren Zeitpunkt kann ich darüber berichten.

Vorbereitung auf ein Shooting

In der Regel erarbeite ich im  ersten Schritt ein Foto-Thema theoretisch. Im Moment ist es zum Beispiel das Thema ‚Faces‘. Ich kreiere zu jedem Thema eine Mindmap und erstelle ein Moodboard auf Pinterest, in der ich Bildideen und Bilder mit passenden Gesichtsausdrücken abspeichere, die zum Projekt passen und die ich den Models zeigen kann. Meine Foto-Mädels suche ich nach dem jeweiligen Projekt aus. In der Regel finde ich sie über Instagram. Dort schreibe ich sie mit meiner Bildidee an und hoffe, dass der Auserwählten die Idee gefällt und ich eine Antwort bekomme.

Ich spreche vor dem Shooting intensiv mit dem Model. Es ist wichtig, ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen. Nur so entstehen authentische, ehrliche Aufnahmen, die den Betrachter ansprechen.

 

 

Equipment: PentaconSix TL mit einem 120er-Objektiv bei Blende f/4, Ilford HP5 (ISO400)

Aus dem Interview mit der Fotoklassik möchte ich diesen Teil gern im Original wiedergeben

PhotoKlassik: Die Models wirken sehr entspannt. Wie schaffen Sie es, dass sich die Person vor der Kamera wohlfühlt? Haben Sie weitere Tipps, um möglichst authentische Bildergebnisse zu erhalten? 

ich: Ich spreche vor dem Shooting ganz viel mit den Models, habe echtes Interesse an der Person, dem Menschen, mit dem ich einen Nachmittag verbringe, gebe selbst Dinge von mir preis und baue so ein sehr vertrauensvolles Verhältnis auf. Das hat viel mit Empathie zu tun. Wir lachen viel, machen Späße… Fotografieren und fotografiert werden soll Spaß machen. Nur wenn Vertrauen vorhanden ist, öffnet sich das Gegenüber und nur dann können emotionale Bilder entstehen.

PK: Geben Sie den Models Anweisungen?

ich: Anweisungen gebe ich sehr sparsam, eigentlich korrigiere ich nur. Ich achte auf die Augenstellung (nicht zu viel Weißes und nicht ins Leere gucken, die Mädels sollen sich einen Punkt suchen, auf den sie schauen), die Handstellung und die Körperhaltung. Ich gebe in der Regel keine Posen vor. Ansonsten lautet das Motto gucken, gucken, gucken und erst dann abdrücken.

PK: Worauf muss man bei solchen Porträts achten? 

ich: Ich mag „Fensterlicht“ sehr. Es muss natürlich nicht zwingend ein Fenster da sein. Aber eine Brücke, eine überdachte Einfahrt, ein Tunneleingang oder ein Durchgang machen sich sehr gut. Das Licht ist wie bei einem Fenster sehr gerichtet und ich kann gut mit Licht und Schatten spielen. Dabei entstehen schöne Kontraste.

Die Herausforderung bei Fotos durch das Fenster liegt darin, die Spiegelung exakt durch gezielten Bildaufbau zu platzieren.

Aus dem Interview mit der PhotoKlassik übernommen:

PhotoKlassik: Welche Idee steht hinter diesen Bildern?      

ich: Bei diesen Bildern stehen starke Emotionen im Vordergrund. Meist sollen sie Sehnsucht oder Unnahbarkeit darstellen. Diese Gefühle sollen durch die Spiegelungen in der Glasscheibe noch verstärkt werden.

PK: Was muss man bei solchen Fenster-Porträts beachten?    

ich: Die ersten Aufnahmen, die ich hinter einer Fensterscheibe gemacht habe, sind eher zufällig entstanden. Manches Mal laufe ich mit den Mädels einfach durch die Stadt und suche nach geeigneten Locations für meine Porträt-Idee. Zwischenzeitlich ist daraus ein kleines Dauerprojekt entstanden. Immer, wenn sich die Gelegenheit bei einem Shooting ergibt, mache ich ein Fensterbild. Sei es in einem Café, in dem wir sitzen und ich vor die Tür gehe, ein Schaukasten oder eine Bahnhofstür. Es gibt unzählige Möglichkeiten, dieses Thema umzusetzen. Achten Sollte man nur auf die Lichtsetzung, dass die Spiegelungen im Sucher harmonisch wirken und der Fotograf nicht selbst auf dem Bild zu sehen ist.

Studio Portraits

Aus dem Interview mit der PhotoKlassik übernommen:

PhotoKlassik: Wie sieht hier das Licht-Setting aus? 

ich: Benutzt habe ich eine 120cm-Octabox mit Innen- und Außendiffusor als Hauptlicht und zwei Striplights für die Hintergrundausleuchtung. Fotografiert habe ich mit der Pentacon Six TL, einem Ilford FP4 und dem 120mm-Objektiv.

Ich arbeite gern im Vorfeld mit der Software  set.a.light 3D von elixxier Software. Hier kann man komplette und auch sehr komplexe Licht-Set-ups am Rechner simulieren. Es gibt viele unterschiedliche Models, man kann Kleidung aussuchen und so auch die eigentliche Bildidee vorher ausprobieren. Die entstandenen Bilder sind sehr realistisch. Die Software ist sehr leistungsfähig und zu einem erschwinglichen Preis in der Standardversion zu haben. Den Ausdruck mit dem Licht-Set-up kann man dann mit ins Studio nehmen und nachbauen. Ein sehr mächtiges Werkzeug.

Schaut Euch die Software mal an: https://www.elixxier.com

Das Licht messe ich mit einem Belichtungsmesser im Studio ein. Eine andere Möglichkeit ist es, die Blitze einzeln einzuschalten, ein digitales Testbild zu machen und die Wirkung des einzelnen Blitzes zu überprüfen und erst zum Schluss alle Blitze einzuschalten und ein Testbild zu machen. Dann können Sie sicher sein, dass die Lichtwirkung Ihren Vorstellungen entspricht und Sie keine Überraschungen in der Dunkelkammer erleben.

 

Mein Model – Louisa https://www.instagram.com/louisa_isabel_/

 

 

Aus dem Interview mit der PhotoKlassik übernommen:

PhotoKlassik: Was ist die Bildaus- sage dieser Bildreihe?

ich: Bei der Serie mit Louise sollten emotionale Bilder entstehen, sie sollten Zerbrechlichkeit, aber auch Stärke zeigen. Wichtig dabei ist die ausdrucksstarke Mimik und Gestik des Models. Hilfreich ist auch eine ruhige, gedämpfte Stimmung im Studio und die passende Musik, der ich viel Platz einräume. Musik kann so wunderbar Stimmungen unterstützen oder entstehen lassen.

PK: Wie sieht hier das Licht-Set- ting aus?

ich: Bei diesen Bildern habe ich zwei Striplights mit Wabe als Zangenlicht verwendet. Man muss bei Low-key-Aufnahmen immer sehr auf die Pose achten, weil wenige Zentimeter, die sich das Model bewegt, die Schatten im Bild verändert. Fotografiert habe ich hier mit einem Fomapan 100.

 

Der Originalartikel ist in der PhotoKlassik erschienen.

 

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