Kleinbild vs. Mittelformat

Kleinbildfilm ist mit Sicherheit das populärste analoge Filmmaterial für die Fotografie – aber was gibt es da noch? Über die mehr als 100 Jahre in denen es Fotografie gibt haben sich zahlreiche Formate für bestimmte Einsatzzwecke entwickelt angefangen von großen mit Fotoemulsion beschichteten Glasplatten bis hin zum „Pocket-Film“ (110er Format). In der Professionellen Fotografie war Kleinbild oftmals zu schlecht für sehr große Vergrößerungen deshalb hat man hier oft das größere Mittelformat verwendet. Ich möchte euch hier einen kleinen Einblick in die Unterschiede zwischen Kleinbild und Mittelformat geben.

Das Kleinbild:
Der große Vorteil von Kleinbild ist das Filme (Filmformat 135) fast überall verfügbar sind (sogar noch bei diversen Drogerieketten im Standard-Sortiment erhältlich) und das die Kameras relativ klein und kompakt sind. Kleinbildkameras sind auch schon oft mit elektronischen Features wie Belichtungsmesser und Autofocus ausgestattet – so fällt der Umstieg aus der digitalen Welt zur analogen Fotografie sehr einfach. Teilweiße sind analoge kleinbild-Spiegelreflexkameras schon für unter 50€ incl. Objektiv bei eBay & Co. Erhältlich – also auch für den kleinen Geldbeutel oder wenn man vorerst nur mal in die Analogwelt schnuppern möchte (…nur reinschnuppern klappt sowieso nicht 😉 wenn ihr erstmal mit dem Virus infiziert seid gibt’s kein Zurück mehr… aber das ist eine andere Geschichte).
Filmformat: 135
Negativgröße: 24 mm × 36 mm

Das Mittelformat:
Mittelformatkameras sind oft groß und schwer – passende Filme sind fast nur noch nur beim Online-Händler erhältlich –warum also Mittelformat nutzen wenn man sich daran kaputt schleppt und die Filmbeschaffung „schwieriger“ ist? Naja, schon der Blick durch den Sucher einer Mittelformatkamera lässt das Fotografenherz höher schlagen – wer das einmal gemacht hat weiß was ich meine. Unabhängig von der viel höheren Auflösung der Fotos ist es auch schon ein ganz anderes Gefühl mit solch einer Kamera zu fotografieren, oft haben die Modelle keine Elektronik oder nur einen Belichtungsmesser. Viele der Kamerasysteme sind Modular aufgebaut, d. h. man kann z. B. verschiedene Sucher auf die Kamera setzen (Schachtsucher, Prismensucher) oder die Film-Rückteile der Kameras z. B. durch einen Polaroid-Rückteil tauschen was die Anwendung sehr flexibel macht. Durch das größere Negativ-Format ist auch das Verhältnis zwischen Bildgröße und Korngröße des Films „besser“ was bei gleicher Größe des fertigen Fotos ein kleineres Korn im Vergleich zum Kleinbild liefert. Auch der Bildwinkel ändert sich durch das größere Format. Am verbreitetsten ist für Mittelformat der sog. 120er Rollfilm auf den meist die Formate 645, 6×6 und 67 abgebildet werden – oft geht das Format aus den Namen der Kamers hervor (z. B. Mamiya RB67 = 67 oder Pentacon Six = 6×6).
Filmformat: 120 / 220 (220 = doppelte Filmlänge als 120er -> nur für manche Kameras/Rückteile passend)
Negativgröße: 56 mm x 41,5 mm (645), 56 mm x 56 mm (6×6), 56 mm x 69 mm (67)
Fläche relativ zum Kleinbild: x 2,7 (645), x 3,6 (6×6), x 4,5 (67)

was sonst noch anders ist:

Durch das größere Negativ entsteht beim Mittelformat im Vergleich zum Kleinbild ein
größerer Bildausschnitt bei gleicher Brennweite:

mf

z. B. ist ein 50mm Objektiv das bei Kleinbild der Normalbrennweite entspricht auf einer Mittelformatkamera bereits ein relativ starkes Weitwinkelobjektiv – allerdings mit ein paar Eigenschaften die ein 50 mm auf Kleinbild hat z. B. relativ geringe Verzerrung. Somit erhält man ein Weitwinkelobjektiv das trotzdem z. B. gut für Portraits geeignet ist. Will man eine Person Formatfüllend portraitieren so muss man bei der Mittelformatkamera relativ zum Kleinbild wesentlich näher herantreten um den gleichen Bildausschnitt zu bekommen, das heißt im Umkehrschluss das nach dem Schafstellen bereits bei einer Offenblende von f/4.0 ein Bokeh entsteht das dem eines wesentlich offenblendigeren Kleinbild-Objektives entspricht.

Hier ein paar Beispielbilder von Mittelformat im Vergleich zum Kleinbild:

Kleinbild; f/1.4 35mm auf ADOX CMS20II @ISO20
Entwicklung in ADOX ADOTECH II


Mittelformat 67; f/4.5 50 mm auf KODAK T-MAX 100 @ISO100
Entwicklung in ADOX ATOMAL 49


Mittelformat 67; f/16 50mm auf ADOX CMS20II @ISO20
Entwicklung in
ADOX ADOTECH II

Kleinbild; 35mm Orange-Filter auf Ilford HP5+ @ISO400
Entwicklung in ADOX ADONAL


Mittelformat 67; f/8 127mm auf Ilford HP5+ @ISO400
Entwicklung in ADOX ADONAL


Mittelformat 6×6; f/3.5 75mm auf Ilford HP5+ @ISO400
Entwicklung in ADOX ADONAL

Weitere Infos zu Benjamin:
www.sieberphotoart.de
www.facebook.com/sieberphotoart

Nach ein paar Jahren Digitaltechnik, begann ich mich für die analoge Fotografie zu interessieren. Ich spezialisierte mich auf den analogen Schwarz-Weiß-Prozess, der auch aktuell meinen Schwerpunkt bildet. Hauptsächlich arbeite ich Mittelformat mit der Mamiya RB67 Pro SD und der Mamiya 645 Super, nutze aber auch eine 4×5 Inch Großformatkamera und diverse Minolta Kleinbildkameras. An der analogen Schwarz-Weiß-Fotografie reizt mich einerseits die Reduktion auf das Wesentliche, sowie die andererseits schier unendlichen Möglichkeiten die der Prozess bietet. Wenn ich in Farbe arbeite so fällt meine Wahl immer mehr auf Diafilm.