Negative und Dias richtig scannen und archivieren

Eindrücke von einem ungewöhnlichen, zweitägigen Workshop

Von Hermann Groeneveld

In der Ausschreibung des Workshops auf der Homepage der Silvergrain Academy stand es doch ganz deutlich: Es sollte ums Scannen gehen.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde verschwand Trainer Marwan El Mozayen jedoch mit den Teilnehmern in der Dunkelkammer, um Bilder zu vergrößern und zu entwickeln. Falschen Kurs gebucht?

Keinesfalls. Vielmehr ging es El Mozayen darum, gleich zu Beginn des Seminars mit ein paar allgemeinen Mythen aufzuräumen, die sich mittlerweile im oder durch das Internet fälschlicherweise rund um die Thematik etabliert haben. Eines davon ist das Farbmanagement bei der Digitalisierung analoger Bilder. Glaubt man manchen einschlägigen Beschreibungen, lässt sich das mit ein paar Maus-Klicks, wohlmöglich mittels der trügerischen Funktion ‚Automatische Farbkorrektur‘, in der Bildbearbeitung problemlos erledigen. Diesem Trugschluss zu begegnen, zur ungetrübten Freude am eigenen Bild, war El Mozayens Ansatz.

Anstelle von Folienpräsentation mit komplexen Farbkurven als graue Theorie beschritt der Moderator einen pragmatischeren, schnell verständlichen Weg zum farblich korrekt ausgefilterten Foto. Egal ob nun für ein analoges Print oder für die Erzeugung digitaler Daten. Am guten alten Leitz Vergrößerer Focumat lies sich das für beide Fälle vortrefflich vermitteln. Dieser hat an seinem Farbmischkopf drei Regler, mit denen sich Farbe aussteuern lässt, nämlich für die Filterungen von Yellow, Magenta und Cyan. Deren Bedeutung und Einfluß auf das Bildergebnis wurde gemeinsam am praktischen Bildbeispiel erarbeitet.

Farbeinstellung am Leica Focomat IIc zur Veranschaulichung der Farbkorrektur
Marwan erklärt die Grundlagen der Farbverarbeitung
Farbteststreifen RA4
Testabzug mit unterschiedlichen Filterungen

Zahlreiche Teststreifen-Belichtungen und Entwicklungen von einem Motiv mit abgelichteter Farbkarte waren notwendig sowie das gemeinsame Analysieren und Besprechen jeden Zwischenergebnisses im Team der Teilnehmer – bei Normlicht versteht sich.

Besprechung der Prints

 

Am Ende dieser Einführung über den kleinen Umweg durch die Dunkelkammer, war nicht nur klar, wie Filterung grundsätzlich funktioniert. Sondern auch, dass eine reduzierte Vorgehensweise in kleinen Zwischenschritten zu einem befriedigenden Bildergebnis führt. Und zwar mit Veränderungen zunächst eines einzelnen Farbwertes, beispielsweise mit Magenta beginnend und subtilen Nachjustieren eines weiteren Wertes, in unserem Beispiel Yellow, bis das Optimum erreicht ist. Diese Erkenntnis auf den digitalen Postprozess übertragen, verdeutlichte eindrucksvoll: Die vielen Regler für Farbkorrekturen in der Software eignen sich bei planloser Anwendung dazu, ein mäßiges Scan-Ergebnis vollkommen unbrauchbar zu machen, anstatt es auf höchst mögliches Niveau zu trimmen, was bei planvollem Vorgehen in den meisten Fällen möglich ist.

Gruppenteilnehmer beim Arbeiten mit der Software

Auch in der nächsten Lektion konnte eine verbreitete Vorstellung schnell relativiert werden: Man müsse analoge Filme stets in aller höchster möglicher Bildauflösung scannen. Die gewünschte Zielanwendung der erzeugten digitalen Daten, ob klassischer Druck, Fine-Art-Print oder Social Media gab Marwan El Mozayen den Teilnehmern zu bedenken. Und auch hier anhand praktischer Beispiele, bei denen es nun wirklich ums Scannen mittels unterschiedlichster Hard- und Software ging.

Die Teilnehmer konnten an verschiedenen Scan-Stationen einige ihrer mitgebrachten Schätze unter Anleitung digitalisieren. Natürlich war der Trommelscanner der Heidelberger Druckmaschinen AG der Favorit, der auf jeden Fall ausprobiert werden mußte. Dabei ließ sich Scan-Operator Stefan Vaupel über die Schulter schauen, bei einem faszinierenden aber doch sehr aufwendigen Prozess.

Eine fertig beschickte Trommel wartet auf den Einsatz im Scanner
Beschickte Trommel wartet auf den Einsatz im Scanner

Bis die Acryltrommel mit aufgespannten Filmstreifen endlich rotiert und der stundenlange Scan-Vorgang beginnt, ist schon einige Zeit in die unerlässlich gewissenhafte Vorbereitung geflossen. Und etliches an Material für das nasse Aufziehen der Filmstreifen auf die Trommel verbraucht. Die digitalen Ergebnisse sind zweifelsohne verblüffend für den unbedarften Betrachter. Aber schnell wurde auch klar, das diese Scanner-Klasse eher in der Druckvorstufe zur Erfüllung allerhöchste Ansprüche zu Hause ist.
Der weitere Scanner-Reigen unterschiedlichster Geräte bei der Silvergrain Academy konzentriert sich auf Flachbett- und Filmscanner der Desktop-Klasse, für Kleinbild- und Mittelformat. Auffallend viele der Geräte sind schon seit 20 Jahren und länger nicht mehr am Markt vertreten, machen aber dennoch einen guten Job. Entsprechend sind schon mal relativ betagte Computer mit längst abgekündigten Betriebssystemen im Einsatz, um überhaupt die Hardware anschließen und ältere Scan-Software-Versionen betreiben zu können. Aber die Ergebnisse stimmen, auch wenn man mal etwas länger auf einen Scan warten muß.

Stefan Vaupel am Trommelscanner Arbeitsplatz

Der in der Profiklasse angesiedelte Epson Perfection V850 Pro hebt sich trotz seines Alters ab. Das Gerät ist immer noch lieferbar. Epson pflegt seine Anwendungen und Treiber regelmäßig, das ermöglicht LaserSoft Imaging wiederum seine Scan-Software SilverFast von der Einsteiger- bis in die aktuellste Premium-Version dieses Flachbett-Scanners anzubieten, auf neusten Computern mit modernsten Betriebssystemen. Dabei wurde auch auf die unterschiedlichen Vorgehensweisen für Trocken- und Nass-Scannen an diesem Gerät eingegangen, das für beide Verfahren ein reichhaltiges Angebot an Film- und Medienhalter bietet.

Die Technik des Wetsan
Nass Scan Vorbereitung

Im Filmscanner-Segment ist Plustek ein großer Anbieter. Und im Moment der einzigste Hersteller in dieser Klasse, der überhaupt noch neue Scanner anbietet, auf welche die SilverFast-Software ebenfalls perfekt abgestimmt ist. Ein Thema während des Workshops war natürlich der lange erwartete, aber allenfalls nur spärlich verfügbare Mittelformat-Scanner Plustek OpticFilm 120.
Einhellig war denn auch die Feststellung der Workshop-Teilnehmer: Gemessen an dem zu verzeichnenden Aufwärtstrend in der analogen Bilderwelt ist die Auswahl an Desktop-Filmscannern doch eher bescheiden.

Negtaive und Dias auf dem Leuchtpult

Hermann Groeneveld, Hobbyfotograf und Autor bei Silvergrain Classics gab Tipps über die Organisation eines Bildarchivs und über das Erstellen und die Pflege von Metadaten gescannter Bilder. Groeneveld ging auf die Funktion IPTC Data der SilverFast-Software in Verbindung mit dem Digitalen Leuchttisch der SilverFast Archive Suite ausführlich ein und stellte zudem die opensource-Alternative xnViewMP vor.

Den Abschluss des Workshops bildete eine Video-Konferenz mit Philipp Haarländer und Alexander Sievers-Horn von LaserSoft Imaging. Fragen zu den verschiedenen SilverFast-Versionen und -Funktionen wurden beantwortet und Vorschläge für neue Feature seitens der Teilnehmer gemacht. So besteht der Wunsch, die Versorgung von Scans mit Metadaten auszuweiten und geläufige EXIF-Datenfelder für Kamera, Objektiv, Belichtungszeit, Blende und Film hinzufügen zu können. Haarländer und Sievers-Horn zeigten sich offen für derartige Vorschläge, die sie auf ihre Agenda nahmen.

Videokonferenz mit Silverfast
Live Videokonferenz mit Silverfast

Bei der Frage nach der Unterstützung älterer Scanner mit der aktuellsten SilverFast-Version wiesen die beiden LaserSoft-Mitarbeiter auf die Problematik veralteter und nicht mehr gepflegter Treiber seitens der Hersteller abgekündigter Scanner-Modelle hin. Allerdings versuche LaserSoft Imaging für ältere SilverFast Versionen den Support so gut wie möglich aufrecht zu halten. Immerhin konnten die Workshop Teilnehmer ihren virtuellen Gästen davon berichten, dass ältere Scanner aus dem Gerätepark der Silvergrain Academy mit SilverFast teils schneller, leiser und gleichmäßiger arbeiten, als mit der Scan-Software VueScan.

Dieser so erstmals angebotene Workshop darf als großer Erfolg gewertet werden. Er war rasch ausgebucht, bedauerlicher Weise konnten zahlreiche Interessenten nicht mehr berücksichtigt werden.

Die SilvergrainAcademy  kündigte daher eine Wiederholung für Herbst 2024 an. Also am besten die Workshop Angebotsseite von SilvergrainClassics auf deren Webseite im Auge behalten.

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