Mein erster Film – Eindrücke von Phillip Wedding – Teil I

Die erste Rolle Film ist vielleicht nicht die beste, aber definitiv die bedeutendste. Nach meinen ersten 36 Bildern auf dem neuen alten Medium Film, war es um mich geschehen. Schwer zu beschreiben aus welchen Gründen man von einer professionellen und modernen 5D MK III auf so ein alten simplen Fotoapparat wechselt.  Ich denke die Neugier und das Streben nach Vereinfachung haben mich dazu bewegt. Die beschränkte Anzahl an Bildern, die Entscheidung des Bild-Looks im Vorhinein, das Erleben der Fotografie ohne Schnick-Schnack, in seiner reinen Form. Man knüpft ganz neue Gedanken und konzentriert sich auf das Wesentliche. Das Licht, das Motiv, der Moment, die Fotografie.     

 

Vorteile:

  • Achtsamere Fotografie, jedes Bild hat ein stärkeres Gewicht
  • Weniger Arbeit bei Nachbearbeitung
  • Hoher Spaßfaktor, durch den Reiz und das physikalische Erlebnis
  • Qualität statt Quantität

 

Nachteile:

  • Höhere Kosten pro Foto
  • keine Serienbildaufnahmen (bzw. sehr teuer)
  • Bilder können nicht zur Kontrolle betrachtet werden

 

 

Erfahrungen mit der analogen Fotografie:

Die erste Begegnung mit der Fotografie hatte ich im frühen Kindesalter. Dadurch das mein Vater viel Fotografiert hat, war die Kamera bei uns zuhause allgegenwärtig. Mal eben schnell die Kamera vom Kannenstock geschnappt und mit dem viel zu schweren, tolle Geräusche machenden Fernglas durch die Wohnung gewetzt und die Kamera als Hammerersatz für meine Lego-Duplo Konstruktionen missbraucht. Früh habe ich also gelernt wie robust doch so eine Kamera sein kann.

Im späteren Kindesalter, als mein Umgang mit der Fotokamera etwas gewissenhafter war, wurde ich des Öfteren von meinem Vater gebeten, ich solle doch bitte mal ein, zwei Fotos vom Familiengeschehen aufnehmen, was ich dann mit mehr oder weniger großer Freude tat. Die wahre Bedeutung dieser Fotos begriff ich zu dieser Zeit noch nicht, viel interessanter war für mich der technische Aspekt dahinter. Das Blicken durch den Sucher, das Scharfstellen mit der Linse. Das hatte etwas von „Cowboy und Indianer Action“.

Das einzig greifbare an der Fotografie waren für mich die gedruckten Fotos in meiner Hand.

Nach der Pubertät und einer langen Zeit ohne Fotografie dafür umso mehr Flausen im Kopf, entdeckte ich im erwachsenen Alter mit 19 Jahren die Fotografie aufs Neue. Durch Videos und Bilder im frühen YouTube Zeitalter, wurde mein Interesse geweckt und die Idee war fix: eine Canon EOS 600D sollte her.

Mit Anschaffung einer gebrauchten 600D begann meine Neuerkundung der Fotografie mit allen Klischees die man sich so vorstellen kann – sommerliche Fotos im Grünen von Flora und Fauna, sämtliche Tierarten in verschiedensten Zoos, bis hin zu Nachbars Katze war alles dabei. Als dann mehr und mehr Familie und Freunde für Portraits hinhalten mussten wurde mir langsam klar, dass ich eine neue Leidenschaft entdeckt habe.

Nach jahrelanger Hobby- und nebenberuflicher Fotografie ausschließlich im digitalen Bereich, legte ich eine kleine kreative Pause ein. Verschaffte mir einen gewissen Abstand zur Fotografie.

Ich schaute mir hunderte Fotografien, Fotobücher, Kampagnen und Bildbände an, lies mich inspirieren und gedanklich treiben, um zu dem Stil zu finden mit dem ich mich am meisten identifizieren konnte. Mir gefielen vor allem Fotografien die den Charme der ikonischen 50er und 60er Jahre abbildeten und portraitierten. Sowohl die aussagekräftigen schwarz/weiß Bilder, als auch die frühen Anfänge der Farbfotografie. Auch was die Musik, die Autos und die Filme anging fand ich diese Zeit sehr spannend.

Das Interesse an analogen Kameras, dem nostalgischen Feeling war groß. Musste nur noch eine eigene her. Genau zur richtigen Zeit kam per Zufall die alte Minolta Kamera als Leihgabe von den Eltern meines besten Freundes ins Spiel. Es war ein Sonntag. Alles was der Kamera zum Fotografieren fehlte war eine neue Batterie für die Belichtungsmessung und natürlich einen Film. Meine Faszination für so etwas simples, für viele unverständlich, war vergleichbar mit der eines Kindes, welches sich nach lauter Vorfreude endlich auf das neue Spielzeug stürzen darf. Das Kind im Manne.

Am Montagmorgen machte ich mich in meiner Heimatstadt also direkt auf den Weg zum örtlichen Fotoladen für die spezielle Batterie und einen Film. Und da stand ich nun wie der Ochse vor dem Berg. Die Filmauswahl…Plötzlich nicht mehr nur ein Lightroom-Preset oder einer Kombination aus Filtern in Photoshop, sondern eine grundlegende kreative Entscheidung welche es galt im Vorhinein getroffen zu werden. Ohne große Ahnung zeigte ich mit dem Finger auf den Kodak Porta 160 und Ilford HP5 Plus. Damit habe ich mir die zwei wohl gängigsten Filme ausgesucht wie ich später feststellte.

Die erste Rolle Film hatte für mich schon etwas magisches muss ich sagen. Ich achtete auf jedes einzelne Foto, war zögerlich mit dem Finger auf dem Auslöser. Ich schaute vor allem viel weniger durch die Kamera als in der Gegend herum. Ich versuchte das Foto schon im Kopf zu erstellen, bevor ich durch den Sucher schaute, wägte ab ob sich das Foto lohnen würde. Mit Betätigung des Auslösers, verschwanden dann all diese Gedanken schlagartig und ich hatte das Gefühl, das Motiv eingesammelt und förmlich in die Tasche gesteckt zu haben. Wie ein Polaroid. Jedoch mit der Spannung und dem Reiz der Ungewissheit, ob das Foto so geworden ist wie man es sich vorgestellt hatte.

All diese Gedankenprozesse und Abläufe kenne ich natürlich in gewisser Weise auch aus der digitalen Fotografie, allerdings empfand ich die neue und deutlich konzentrierte Auseinandersetzung mit der Fotografie als sehr erfrischend. Meiner Meinung nach, ist ein ganz entscheidender Aspekt der sich enorm positiv auf die Kreativität und das Bewusstsein auswirkt „Beschränkung“.

Durch die deutlich beschränkte Anzahl an Bildern die aufgenommen werden können, man Bilder nach dem Fotografieren nicht löschen oder Betrachten kann, erhöht sich unweigerlich die Wertschätzung jedes Fotos. Spätestens dann, wenn der magische Moment kommt und man die Negative nach Abholung vom Labor voller Spannung aus dem Umschlag nimmt, auf die Leuchtplatte legt und zum erstem mal das sieht, wofür man all den Aufwand betrieben hat. Das Foto.

 

Am Sonntag den 04.03.2018 kommt der zweite Teil!