Die Voigtländer Ultramatic

Mit der 60iger Jahre Voigtländer ULTRAMATIC in Los Angeles
von Fokko Sturm

Mein Opa ist schuld. Eigentlich. Von ihm bekam ich in den frühen 80er Jahren eine Voigtländer Bessamatic CS. Verkauft. Aus Nostalgie suchte ich letztes Jahr eine „Neue“. Beim Auktionshaus erstand ich eine Bessamatic, und im Paket lag eine Werbebroschüre aus der Zeit bei. Dort war eine Voigtländer Ultramatic abgebildet. Ich wurde neugierig und machte mich auf die Suche. Zu erwerben zwischen 1961 und 1965 für damals 899 DM. Ich suchte auf eBay. Es kamen diverse, die kaputt waren oder nur halbherzig funktionierten. Eine war gut.  Ich ließ den Sucher reinigen und den Belichtungsmesser justieren. Nun hielt ich eine große und schwere (842 g), dennoch sehr handgerechte Kamera in den Händen. Keine hervorstehenden Elemente. Glatt und geschmeidig, trotz der Größe. Was mir gefiel, war die Anzeige der Blendenautomatik im Sucher. Ja! Eine Blendenautomatik ohne Batterie. Die Kamera ist wie alle manuellen Kameras aus der Zeit fast selbsterklärend. Man lädt den Film in gewohnter Weise und stellt unten am Bajonett die Filmempfindlichkeit ein, die von 6 bis 3200 ASA reicht. Möchte man nun die Blendenautomatik nutzen, stellt man den Blendenring auf „A“, sucht sich die gewünschte Zeit und schaut durch den Sucher. Natürlich lässt sich die Kamera auch ohne Automatik benutzen. Links sieht man die Blende. Über dem Sucherbild wird die Verschlusszeit eingespiegelt, sodass man die Kamera zur Überprüfung der Werte nicht abnehmen muss. Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Auslöser auf der Frontseite der Kamera. Unten am Auslöser befindet sich der Anschluss für den Drahtauslöser.

Stichwort Auslöser: Drückt man diesen, sollte man sich nicht wundern, wenn sich Menschen flach auf den Boden werfen. Voigtländer hatte der Ultramatic einen Rückschwingspiegel spendiert, unmittelbar nach dem Auslösen sieht man das Sucherbild sofort wieder. Ein herrliches Geräusch! Nach Berichten galt der Mechanismus seinerzeit als fehlerbehaftet; beim Nachfolgermodell Voigtländer Ultramatic CS (Belichtungsmessung durch das Objektiv mit 1,35V-Batterie) nahm man stillschweigend Abschied vom Rückschwingspiegel. Das Nachfolgemodell Ultramatic CS habe ich ebenfalls getestet. Es gefiel mir persönlich nicht ganz so gut, da der Sucher aufgrund der TTL-Messung etwas dunkler ist.

Die Ultramatic in der Praxis

Wer ein kleines bisschen mit analogen Kameras zu tun hat, findet sich sofort zurecht. Der Sucher ist schön hell und übersichtlich, der Selen-Belichtungsmesser meines Exemplars zeigt sehr zuverlässige Werte an. Nach zwei Testfilmen fiel es mir leicht, diese Kamera nach Los Angeles mitzunehmen. Kurz angemerkt sei noch, nach meiner Erfahrung funktionieren die Selenbelichtungsmesser von Voigtländer häufig noch. An Voigtländer-Objektiven nahm ich mit: ein Voigtländer Super Dynarex 200/4, ein Dynarex 90/3,4 und ein Scheider Kreuznach 28/4. Voigtländer-Freude werden jetzt aufhorchen: ein 28mm? Voigtländer stellte nur ein 35mm als Weitwinkel in das Objektivprogramm. Das stimmt. Das Schneider-Kreuznach muss seinerzeit im „Zubehör“ aufgetaucht sein. Es war original verpackt und hatte ein Bessamatic/ Ultramatic Bajonett, mehr weiß ich darüber nicht. Wie man den entstandenen Bildern entnehmen kann, habe ich es jedoch ausgiebig benutzt und war mit der Abbildung sehr zufrieden. Das Voigtländer 35mm 3,4 zeichnet jedoch auch sehr gut. Die Kombination von Kamera und Objektiven ergibt eine schöne Reisekamera, aufgrund der kleinen Objektive lässt sich alles in einer unauffälligen Tasche verstauen. Nachteil dieser Optiken ist, dass die Naheinstellgrenze beim 28mm bei 0,9 Meter, beim 90mm bei 2 Meter und beim 200mm bei 8,5 Meter liegt. Ich habe eine solche Naheinstellgrenze nicht benötigt.

Zusammengefasst:

Eine eher unbekannte Kamera, die sich mit den sehr guten und aus meiner Sicht stark unterbewerteten Voigtländer Bessamatic / Ultramatic Objektiven bestücken lässt. Erlebnisreiches Fotografieren und der Eindruck, eine wirklich wertige Kamera in den Händen zu halten.

Auf Flickr gibt es ein paar Bildbeispiele zu sehen: Flickr

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