Kameravorstellung: Plaubel Peco Junior 9×12/4×5“

Als ich im Herbst letzten Jahres entschied, mich mit der Fotografie im Großformat auseinander zu setzen, hatte ich den Entschluss mir eine handliche und kompakte Kamera zuzulegen, die problemlos in meinen Rucksack passt. Da ich im Moment kein Auto zum transportieren habe, war das die Vorgabe, die eine Großformatkamera für mich erfüllen sollte. Nachdem ich über eine Sinar F zu einer Linhof Technika III kam, die leider im Fall der Fälle von Linhof nicht mehr repariert wird, wurde meine Aufmerksamkeit auf die Peco Junior von Plaubel aus Frankfurt am Main gelenkt. Von der Peco Junior gibt es zwei Versionen: Zum einen die 9×12 Version, die aufgrund der gleichen Außenmaße der verbreiteteren 4×5 inch Kassetten auch diese aufnimmt, vorausgesetzt die Kamera verfügt über das sogenannte „internationale“ Rückteil. Dann gibt es noch die 6×9 Version, die sich, außer in der Größe und dem kleineren Aufnahmeformat, nicht sonderlich von der 9×12/4×5 Peco Junior unterscheidet.

Warum also diese Kamera? Zunächst muss ich sagen, dass mich das Prinzip einer Laufbodenkamera, insbesondere der Technika überzeugt hat. Diese Art Kameras sind verhältnismäßig klein, leicht und passen zusammengelegt problemlos in (m)einen Rucksack. Dem gegenüber steht natürlich die Vielseitigkeit einer Kamera auf Basis der optischen Bank, denn die Sinar F hätte auch problemlos auf die Formate 13×18 oder 18×24 erweitert werden können, ohne gleich eine komplett neue Kamera kaufen zu müssen. Ebenfalls bietet die Optische Bank fast endlose Verstellmöglichkeiten, von denen ich aber tatsächlich die wenigsten wirklich nutze. Als Kersten mit seinem kritischen Auge die Peco Junior betrachtete, stellte er fest, dass die Kamera wie ein „Hybrid“ aus Optischer Bank und Laufbodenkamera wirkt, den ich hier gerne vorstelle:

Die Kamera sitzt auf einer etwa 32 cm langen Schiene mit „Zahnrädern“. Ich glaube der Fachausdruck dafür lautet „Zahnstange“. Auf dieser Zahnstange lassen sich Vorder- und Rückstandarte stufenlos und butterweich mit Hilfe zweier Schrauben, verstellen. Die „zackige“ Schraube dient zum Feststellen der Standarten an der gewünschten Position und mit der vorderen runden Schraube lässt sich die Entfernung regulieren und dadurch das Bild auf der Mattscheibe scharf stellen.

An dieser Stelle finden wir auch die erste Einschränkung der Kamera: Durch die „Kürze“ der Zahnstange lassen sich nur Objektive mit maximal etwa 300 mm Brennweite benutzen, denn um auf unendlich scharf stellen zu können, bräuchte man bei einem 300 mm Objektiv den der Brennweite entsprechenden Abstand zwischen Vorder- und Hinterstandarte.

Gelagert sind die Standarten auf einem Gelenkblock, der pro Standarte zwei Einrastungen in bestimmten Winkeln erlaubt. Damit kann man beispielsweise durch Verstellen der Standarten gegeneinander die Schärfeebene, je nach eingestellter Blende, vertikal verlaufen lassen.

An der Frontstandarte befindet sich eine Skala an der man ablesen kann, wie weit das Objektiv nach links oder rechts innerhalb des Bildkreises verschoben (geshiftet) wurde. Die runde Schraube dient ebenfalls zum Feststellen. Hier auch wieder eine kleinere Einschränkung: Die hintere Standarte bietet diese Verstellmöglichkeit nicht.

Die nächste Verstellung wäre die Verschwenkung (Profis sagen Tilt) nach vorne und nach hinten. An den beiden Standarten gibt es nach Lösen der jeweiligen Feststellschrauben wieder eine Rastung, die es erlaubt Front- und Rückstandarte um jeweils eine Position ausgehend von der Grundeinstellung zu Verschwenken. Damit lässt sich beispielsweise bei Landschaftsaufnahmen durch Abblenden und Verschwenken des Objektivs nach vorne eine möglichst große Tiefenschärfe erzielen. Ebenfalls kann man damit bei Portraits den Fokus gezielt auf die Augen setzen, sofern man diesen Effekt erreichen will. Durch das Verschwenken der hinteren Standarte nach hinten lässt sich die Perspektive ein bisschen zerren, was manchmal auch reizvoll sein kann.

Die letzte Verstellmöglichkeit stellt die Shift-Funktion des Objektivs nach oben und nach unten dar. Durch die Bügelkonstruktion der Frontstandarte lässt sich das Objektiv schon ein gutes Stück nach oben und ein etwas kleineres Stück nach unten verschieben. Eine Rastung gibt es hierbei nicht, dafür eine Skala auf beiden Seiten des Bügels inklusive der Anzeige der Normalstellung. Festgestellt wird die Frontstandarte durch zwei Schrauben auf der linken und rechten Seite. Diese Verstellmöglichkeit wird zur Vermeidung stürzender Linien bei Architekturaufnahmen genutzt, weil dadurch der Höhenunterschied zwischen Gebäude und Aufnahmeposition ausgeglichen werden kann.

Für ganz extreme Verschiebungen kann man die gesamte Kamera auf dem Stativ nach vorne oder hinten Neigen und durch Verstellen der beiden Standarten in die gleiche Richtung gelangt man wieder einwandfrei in die Schärfeebene.

Soviel also zu den Möglichkeiten und Grenzen der Peco Junior. Mich hat die Kamera überzeugt, weil ich sie einerseits optisch sehr ansprechend finde (natürlich ist das kein ausschließlicher Grund eine Kamera zu kaufen, ich finde aber, dass das Auge auch mit fotografiert) andererseits bietet sie mir genau die Verstellmöglichkeiten, die ich brauche bei einem kompakten Maß.

Vom Design her hätte ich nicht vermutet, dass die Peco Junior aus den 1960er Jahren stammt. Ich finde sie zeitlos. Hätte mir jemand gesagt, dass die Kamera aus dem Jahr 1992 stammt, hätte ich es geglaubt.

Ebenfalls sind die Bedienelemente, meiner Meinung nach, recht intuitiv gestaltet. Es gibt keine kleinen Schräubchen oder Knöpfchen, die man vorsichtig drücken müsste, sondern aus dem Vollen geschöpftes, solides Metall, das einen unzerstörbaren Eindruck auf mich macht.

Unzerstörbar allein schon deshalb, weil ich sie nach dem Kauf komplett auseinander gebaut, gereinigt, neu abgedichtet und neu geschmiert habe. Manch einer sagt, dass ich mechanisch und vor allem feinmechanisch kein großes Geschick habe (was ich natürlich nicht bestätigen kann!), aber ich habe die Kamera innerhalb von ein paar Tagen wieder gängig machen können und am Ende kein Schräubchen übrig gehabt.

Mit einem Gewicht von etwa 2,5 Kg ohne Objektiv ist die Peco Junior sicher kein Leichtgewicht, jedoch noch in einem für mich akzeptablen und vor allem transportablen Rahmen. Front- und Rückstandarte lassen sich so weit zusammenschieben, dass zum einen der Balgen geschützt wird und zum anderen ein geringes Packmaß entsteht. Das einzig sperrige stellt die Zahnstange da, die ich aber auch problemlos in meinen Rucksack kriege.

Heikel wird es bei Zubehör und Ersatzteilen. Teilweise gibt es bei Plaubel noch Teile, aber eben auch nicht mehr alles. Der Gebrauchtmarkt gibt für die Peco Junior selten viel her. Platinen lassen sich von einem geschickten Mechaniker mit CNC-Fräse problemlos herstellen. Das gilt allerdings nur für den, der keinen Wert auf Originalteile legt.
Beim Kauf habe ich darauf geachtet, dass das Rückteil international genormt ist und die gängigen Kunststoffkassetten, die ich ja von den vorherigen Kameras hatte, aufnimmt.

Zum jetzigen Zeitpunkt betreibe ich die Peco Junior mit einem Rodenstock 180 mm/5,6 Apo-Sinaron Objektiv als „Brot&Butter“ Objektiv und einem 90 mm/8 Schneider-Kreuznach Super-Angulon. Leider benötigt man hierfür schon einen Weitwinkelbalgen oder eine versenkte Platine, da der Auszug von 90 mm zu gering ist um sich verstellen zu lassen, da der Balgen so weit zusammengefahren ist, dass er jegliche Bewegung blockiert. Man kann aber problemlos scharf stellen.

 

Und als kleines Update noch die Fotos des Rückteils: