„Durch den wachsenden Einfluss von KI in der digitalen Fotografie
erhoffe ich mir mehr Zuwendung zum Film“
von Hermann Groeneveld / SilvergrainClassics
Hermann Groeneveld, SilvergrainClassics (HG)
Andreas, erzähle uns etwas über deine Arbeit als Fotograf.
Andreas Hengst (AH)
Ich habe vor etwa sechs Jahren begonnen, mich intensiver mit der analogen Fotografie auseinanderzusetzen. Mein besonderes Interesse galt von Anfang an der Porträt-Fotografie. Mit der Zeit bin ich in dieses Metier immer tiefer hineingewachsen. Bald stellte ich fest, dass ich bei der Interaktion mit den Menschen, die ich fotografiere, sehr viel über mich selbst lerne. Immer wenn ich ein Porträt auf Film banne, spüre ich bei der Auswertung meiner Bilder, dass ich etwas mehr festgehalten habe als nur das rein Objektive. Ich meine, das hat etwas mit der Wertschätzung der Personen vor der Kamera zu tun. Die fotografierte Person spürt, dass ich mir bei meiner Arbeit sehr viel Mühe gebe. Und sie gibt mir etwas zurück, das ich in meinen Bildern wieder entdecke.
Derzeit treibt es mich an, mich der Dokumentation und Reportage zu widmen. Ich möchte mehr konzeptionell arbeiten, statt in ‚hübschen‘ Einzelbildern zu denken. Meinen Fotos sollen Geschichten erzählen. Was will ich mit den Bildern erzählen? Welche Emotionen sollen transportiert werden?
Der Workshop von SilvergrainClassics auf Baltrum war für meinen neuen Ansatz ein guter Einstieg: Ich habe versucht, mich tiefer in die natürliche Schönheit der Insel hinein zu denken. Mit der Kamera das sichtbar werden zu lassen, was dem flüchtigen Blick verborgen bleibt.
HG
Warum fotografierst du auf Film?
AH
Mich fasziniert das Handwerk im analogen Prozess. Es fühlt sich authentischer an, ein Medium zu verwenden, mit seinen Eigenschaften wie es auf Licht reagiert und welches anschließend noch einer Entwicklung bedarf, um die Ergebnisse sichtbar zu machen. Die Begrenzung der möglichen Anzahl an Aufnahmen für einen Film sehe ich als Vorteil an. Allein schon, weil im Nachgang weniger zu sichten und auszusortieren ist. Ich gebe mir mehr Mühe wenn Material und Entwicklungsprozess etwas kosten.
Mich treibt der Ehrgeiz an, meine Fähigkeiten immer weiter zu entwickeln. Um in möglichst allen Situationen auf Film die Bilder zu erzeugen welche ich mir vorstelle. Das ist ein schönes Hobby mit welchem ich mich sehr lange beschäftigen kann, da es viel zu entdecken gibt.
HG
Welche Bedeutung hat der Film in deinem Leben?
AH
Mir hilft es, mich zu fokussieren, da einige Entscheidungen zwar im Vorfeld zu treffen sind dann aber beim Fotografieren entfallen: Welcher Film soll eingesetzt werden, welches Filmformat? Welche Kamera ist für das bevorstehende Projekt am geeignetsten? Da ich bevorzugt mechanische und ältere Kameras verwende, gefällt es mir, mich lediglich mit Blende, Belichtungszeit und manuellem Fokus beschäftigen zu müssen – sonst nichts.
HG
Was erhoffst du dir von der Zukunft des Films?
AH
Ich erhoffe mir eine bleibende konstante Nachfrage nach Filmen. Damit die Hersteller eine gleichmäßige Produktion aufrecht erhalten können und die gefragtesten Filme möglichst immer im Handel verfügbar sind. Bei dem wachsenden Einfluss von künstlicher Intelligenz in der digitalen Fotografie erhoffe ich mir mehr Zuwendung zum Film. Vor allem in der Kunst, vielleicht auch in der Dokumentation und Reportage, um insgesamt wieder mehr Wertigkeit der Fotografie zu generieren.
HG
Mit welchen Filmen arbeitest du am liebsten
AH
Am liebsten arbeite ich im Mittelformat in Schwarz/Weiß. Die Negativgröße bietet viele Details bei noch gutem Handling. Mir gefällt es, wie die Filme sich im Vergleich zum Kleinbild beim selben Filmtyp anders verhalten. Grauabstufungen sind zum Beispiel wesentlich feiner. Alle Filmformate entwickle ich selber.
HG
Mit welchen Kameras arbeitest du?
AH
Je nach Projekt verwende ich im Mittelformat die Mamiya RB67, Mamiya M645 oder die Yashica Mat 124. Bei Kleinbild setze ich auf Nikon (F2, FM2, F4). Aber auch Polaroid (SX 70) kommt bei mir zum Einsatz.
HG
Wie digitalisierst und bearbeitest du deine Bilder?
AH
Ich arbeite mit dem Epson Perfection V600 Photo und der Scan-Software SilverFast. Adobe Lightroom ist meines erste Wahl für die Bildbearbeitung im Post Prozess.
HG
Andreas, wir danken dir für die Beantwortung unserer Fragen. Danke für deine zauberhaften Aufnahmen, die du von unserem SilvergrainClassics-Reiseworkshop von Baltrum mitgebracht hast und wünschen dir stets viel Freude mit deinen Projekten.
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