Carmen de Vos – Odd Stories 04.11. – 27.11.2016

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Liebe Carmen,
bitte schreib uns ein bisschen über Dich, Deine Herkunft, Entwicklung und was Dich zur Kunst gebracht hat.

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Bist du Autodidakt oder hast Du eine klassische Ausbildung genossen?

Ich war ein gewitztes kleines Mädchen mit lausigen Eltern. Ich wurde zum Erwachsensein erzogen, bevor ich überhaupt Kind sein konnte. Ich habe recht schnell mein Elternhaus verlassen, um mit meiner Liebe zu leben, und gab schon kurz darauf die Schule auf, bin also völliger Autodidakt. Schönheit in Dingen zieht mich an, schon als kleines Mädchen war es mir wichtig, mich mit einer guten Atmosphäre, netten Leuten und guter Energie zu umgeben, gut geschriebenen Worten, um sie dem Negativen entgegenzusetzen. Kunst tröstet mich. Ich versuchte, mein Leben in Kunst zu verwandeln, bis ich irgendwann merkte, dass ich andere Menschen auf einer Herzensebene mit der Tätigkeit erreichte, die ich bis dahin eher beiläufig ausübte. Fotografie hat mich bewusst gemacht.

Um meinen 40. Geburtstag nahm ich mir ein Jahr Auszeit von meinem Job und gründete mein eigenes Magazin, TicKL, in dem ich die Grenzen meiner weiblichen sexuellen Fantasien erforschte. Damals wusste ich es noch nicht und plante das auch nicht, aber an diesem Punkt wurde ich professionelle Fotografin. Ich wusste zuerst nicht wirklich, was ich tat, hatte nie für Magazine gearbeitet, aber ich wusste, was ich wollte, und ruhte nicht, bis ich es bekam. Die belgische Presse nahm meine Arbeit auf, und dann lief es.

Hast Du eine Vision, eine Vorstellung davon, wo es für Dich hingeht?

Ich lebe von Projekt zu Projekt, von Idee zu Idee. Kein Ziel außer dem, klarer und besser zu werden, auch furchtloser, und weniger an Gelerntem festzuhalten. Ich arbeite hart daran, wieder das Kind mit diesem ursprünglichen Sinn zu werden, das damals so oft unverstanden blieb. Ich kann sehr verliebt sein in die eigenen Bilder, das ist wie ein neugeborenes Baby zu betrachten, das einem trotz aller Fehler einfach perfekt erscheint. Ich liebe es, in meinen Archiven zu wühlen, das ist wie ein Trip in meine persönlichen Dopaminvorräte. Ich plane jetzt, Bücher zu machen. 2018 feiere ich mein zehnjähriges Jubiläum als Profi-Fotograf, und nach dem ganzen Gerenne, obwohl ich natürlich das Gefühl habe, keine Zeit verschwenden zu dürfen, ist es nötig, etwas innezuhalten und zu sammeln, was die Zeiten überdauern soll.

Nach Jahren der reinen Toycam-Fotos mache ich jetzt auch digitale Erfahrungen. Ich versuche mich von der Idee zu lösen, dass Fotos begreifbar sein müssen, um geliebt werden zu können. Mal schauen, wo das noch hinführt.

Wir sind etwa im selben Alter. Wie hat die Digitalisierung der Welt Dich und Deine Arbeit berührt?

Die Entdeckung des Internets hat meinen Blick geöffnet und die Netzwerke zillionenfach erweitert, aber manchmal fällt mir auch der Himmel auf den Kopf. So viel Talent da draußen, so viel Konfrontation mit Größer und Besser und Mehr, dass ich mich manchmal schützen muss, um mich nicht zu verlieren, oder von all der Exzellenz zerquetscht zu werden. Auf der anderen Seite ist es ein idealer Ort, um die eigenen Sachen zu präsentieren – ein Foto in einer dunklen Schublade hat kein Leben. Im Internet verbinde ich mich mit meinem Publikum.

Vielen Dank für Deine Gedanken!

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