Minolta 9000: Wiederbelebung bei typischen Fehlern und kleine Verbesserung der Kamera

Die Minolta 9000 hat einige bekannte Baustellen die gehäuft auftreten:

  1. Kamera löst nicht mehr aus wg. verschmiertem Verschluss
  2. Blende schließt nicht (bei anderen Minolta AFs auch ein bekannter Fehler)
  3. Darüber hinaus habe ich hier eine 9000, die fehlerhaft arbeitet (kein Bulb, Programmwählrad reagiert konfus usw.)
  4. Bonus: Den „Filmverschenkemodus“ gleich deaktivieren: 37 Bilder und mehr…

Also habe ich eine 9000 zerlegt, um der Sache auf die Spur zu kommen. Im Net findet man dazu leider nichts oder nur halbgare Andeutungen.

Das Zerlegen ist gut machbar, da alles logisch und ohne böse Hinterschneidungen und Fallen aufgebaut ist. Einige Schrauben liegen hinter aufgeklebten Verkleidungen (z.B. rechts am Batteriefach, hinter der Beschriftung der Dioptrienverstellung und unter der beschrifteten Platte oben links (Avarage, Spot usw.). Man muss natürlich auch einige Kabel und Folienlöt-Verbindungen ablöten. Es hilft die Schrauben sofort wieder einzuschrauben. Das hält lose Schraubenmengen in überschaubare Grenzen, die man aber am Gehäuse zumindest nummerieren kann.

Ansonsten siehe Bilder (ich habe noch viel mehr. Das würde hier aber eher verwirren). Wenn man nach dem Grundsatz zerlegt, nur Abschrauben was behindert, kommt man relativ gut voran. Aber wirklich alles detektivisch angucken und keine Gewalt, nicht dass irgendwo was abreißt!

Das Folgende ist keine lückenlose Beschreibung, das wäre viele zu lang und im Grunde auch unnötig.

Ziel muss sein, das gesamte Platinensandwich auf dem Prisma und andere mechanische Verbindungen über Bauteile abzubekommen um letztlich Vorder- und Hinterteil voneinander zu trennen.

Der Platinen-Teil oben rechts (Aufzugshebelstelle) ist ein wenig verschachtelt. Geht aber.

Achtung: da ist eine art Kupferspitze als Verlötung, von unten kommend, direkt auf der Folie abzulöten. Sieht man zunächst nicht und kommt erst rel. spät ran.

Achtung: unten ist auch eine Lötung einer inneren Folienplatine an der grüne Platine rechts. Nicht vergessen abzulöten. Die Stativgewindeplatte dort muss auch ab. Ebenso oben der recht unscheinbaren 3er Folien-Kontakt, vom Vorderteil zur Platine auf dem Prisma links unten (Kurbelseite).

Die lila und schwarzen Kabel oben müssen ab. Unten rechts ist auch eine Stelle mit 4 Kabeln, sowie rechts das braune und in Bajonettnähe rechts auch ein grauweißes Kabel, da dieses durch die Hauptplatine hindurchgeführt ist.

Rotes und schwarzes Kabel von der Batterie kommend auch ab, sonst bekommt man den Batterieteil nicht ab.

Nach einiger Demontage kommt man zu dem Punkt wo man Vorder- und Hinterteil von einander trennen kann.

Jetzt kann man sich der Fehlerbehebung widmen:

 

Zu Punkt 1:

Ursache ist eine undefinierbare fettartige rotbraune Substanz am Verschlussboden. Im Gegensatz zu Fett löst es sich aber nicht mal in Waschbenzin oder Bremsenreiniger richtig auf, womit Reinigung von außen sinnlos bleibt. Wenn man das lokal wegspülen könnte, wäre das eine „minimlainvasive“ Option, man käme ja hinten gut ran. An einer anderen 9000 ließ sich der Schmier auf den Lamellen zumindest erstmal „auf die Schnelle“ mit Alkohol abwischen.

So bleibt aber nur die direkte Reinigung vor Ort durch Zerlegen des Verschlusses. Dort bekommt man es dann mit Waschbenzin wenigstens vom Untergrund gelöst und kann mit Lappen und vorsichtig mechanisch den Schmier entfernen.

Der Sinn dieser eigenartigen Masse könnte ein Verschluss-Dämpfer sein, der sich leider aufgelöst bzw. umgewandelt hat. Wenn nicht, ist mir völlig unklar was das soll, zumal diese nicht geringe Menge Zeugs da unten keinen Sinn macht und der Verschluss nun auch ohne funktioniert – vermutlich nur nicht mehr so leise?

Auf jeden Fall ist diese Sache eine tickende Zeitbombe bei der 9000, falls dieses Zeug damals die ganze Bauzeit über so verbaut wurde.

 

 

 

 

Zu Punkt 2:

Hier muss man sich etwas Zeit nehmen und den gekoppelten Blenden und Verschlussablauf dieses Aufzugswunderwerks in Ruhe studieren (Der Aufzug für den Spiegelkasten ist da zwar auch, wird aber separat von unten aufgezogen).

Der 1. Trick besteht u.a. darin, dass man den großen Zahnradhalbkreis ein wenig vorspannen muss beim Haupt-Aufzugsvorgang. Dies simuliert die Vorspannung der Blende des Objektivs über den Blendenstellring am Bajonett bzw. mit dem Tiefenschärfehebel. Der Zahnradhalbkreis liegt jetzt nicht mehr unmittelbar am weißen Stopper unten rechts an, sondern ein paar Millimeter davor. So muss es immer sein. Aufziehen kann man mit dem Tiefenschärfehebel auf der anderen Seite oder direkt alles am Haupt-Hebel unten und den Zahnradhalbkreis dabei etwas vorspannen.

Das ginge auch leichter, wenn man den Blendenring unterm Bajonett gar nicht demontiert. Dann hat man was zum betätigen. Allerdings muss man dann die Leiste der Bajonettkontakte im Spiegelkasten oben an der Haupleiterplatte ablöten, sonst bekommt man die Kamera nicht zerlegt.

Der 2. Trick ist der, dass man den Verschlussteil, der den eigentlichen Schlitzverschluss betätigt, gar nicht jedes mal komplett auslösen muss. Man kann auch den Teil der Blendenmechanik separat aufziehen. Sogar den Teil am schwarzen Magneten kann man separat aufziehen.

Das Ganze ist zusätzlich kompliziert konstruiert, da die Tiefenschärfevorschau den Blendenaufzug „außer der Reihe“ ebenfalls auslöst und im zweiten Schritt wieder aufzieht. Auf der anderen Seite ermöglicht diese Bauweise den teilseparaten Aufzug von Baugruppen zum austesten. Hier merkt man, warum die Hersteller bei elektronischen Kameras die Tiefenschärfevorschau nicht gern gebaut haben.

Im Kern wird die Blende, wie bei elektronischen SLRs üblich, über 2 Magnete eingestellt, die kurz hintereinander auslösen. Der schwarze Magnet löst aus. Der Grüne stoppt das Ganze (der Magnet unmittelbar dahinter ist der vom Spiegelkasten). Die Zeitdifferenz steuert die Elektronik ein. Ergebnis ist die eingestellte Blende. Erstaunlich, wenn man bedenkt, an wie viel Stellen in dieser komplexen Mechanik sich diverses Spiel aufsummieren kann.

Die Magneten sahen jedenfalls sauber aus. Habe sie trotzdem gereinigt und dann mit 1V vom Labornetzteil mal testweise ausgelöst. Beide gehen zuverlässig.

Den Grünen bekommt man nur ausgelöst, wenn der Schwarze ausgelöst hat, was man am Schwarzen auch mechanich machen kann. Solange muss man aber den Grünen entweder zum Test mechnisch oder elektrisch halten, da er nur ab jetzt von der Feder freigegeben ist.

Der Schwarze löst aus bei Spannung, der Grüne wenn Spannung weg.

Ich habe jedenfalls die gesamte Blendensteuerung mit Bremsenreiniger gespült, vielmals ausgelöst und wieder aufgezogen. Ich denke, dass insbesondere der eigentliche Blendenstellerteil (auslösbar auch direkt am weißen Hebel) nur „einschläft“ durch Nichtbenutzung. Schließlich wird er nur durch Federkraft und dann noch über einen Reihe von Zahnrädern Richtung Bajonettblendring betätigt. Käme man da ran ohne so tief zu zerlegen, könnte man das auch so evtl. gängig bekommen, aber wie? Komischer Weise reicht intensive Bewegung des Blendenstellrings ja bekanntermaßen nicht aus, der aber zumindest den Zahnradteil des Aufzugs genauso bewegt.

Bleiben also als Ursache doch zunächst klebende Magneten und/oder der mechanische Bereich um den weißen Hebel, der ja die eigentliche Blendenstellung bewirkt. Oder eben doch nur die durch Schmutz gestörten elektrischen Übertragungswege über die goldenen Folienkontakte.

Den gesamten Aufzugsteil dort aber zu weiter zu zerlegen dürfte einigermaßen schwer sein und überdies kaum weiteren Erkenntnisse bringen. Außerdem zuviele Federn und Hebel.

 

 

 

 

 

Zu Punkt 3:

Das ist eine allgemeines Problem der elektronischen Kameras: Die Folienleiterplatten liegen aufeinander und werden an div. Reihen an genau übereinander liegenden vergoldeten Kontakten vertikal miteinander in Kontakt gebracht. Auf den Kontakten war einiges an Siff, was den Kontakt verhindern kann. Also ist Reinigung an allen(!) diesen Stellen mit Alkohol angesagt. Das Fängt schon bei der kleinen runden Kontakt“torte“ vom Oberteil zur Prismaplatine an und ist später überall zu finden. Vor dem Zusammenbau dann nochmals wischen, weil man ja doch zwischendurch mal gegen kommt.

 

Zu Punkt 4:

Falls man gern mind. 37 Bilder auf den 36er Film bekommen will, kann man diesen neumodischen Zirkus deaktivieren, der das verhindert. Das Ganze ist wie oben beschrieben ja ans Zählwerk gekoppelt. Dabei werden 2 Kontakte bei offener Rückwand auf Masse gelegt, bei geschlossener Rückwand durch wegspreizen von Masse getrennt. Nun zählt die Kamera die bekannten 2 Aufzugsvorgänge mit der 1/4000s.

Also lötet man einen der zugehörigen Kontakte vorne rechts einfach ab und in Zukunft ist die Kamera wie früher üblich sofort aufnahmebereit ohne verschenkte Filmleerschüsse.

Was man aber nun beachten muss: Es bleibt auch der alte ISO-Wert gespeichert, solange Strom von der Batterie kommt. ON/OFF ist dabei unerheblich! Also bei Filmwechsel dann dran denken. Entweder ISO dann von Hand einstellen oder kurz Batterie raus.

 

Beim Zusammenbau sind eigentlich nur 4 Dinge wirklich fummelig:

– Die Montage der kleinen Federn links seitlich im Verschluss, die wohl noch zusätzlich Power auf die mittleren Lamellen bringen um die 1/4000s zu schaffen. Position vorher merken! Außerdem sind am Verschlussgehäuse auch 2 Unterlegscheiben rechts an der Verschlussverschraubung unterzubringen. Ich habe nur den verschmierten hinteren Verschlussvorhang und die Zwischenlage ausgebaut, der Vordere sah rundum gut aus.

Falls die Verschlusslamellen schon ein wenig gelitten haben, kann man sie mit einem abgerundeten glatten verchromten Werkzeug vorsichtig(!) auf der Silikonmatte glätten (Zahnarztwerkzeug!). Das klappt besser als man denkt. Im dunklen mit Power-LED-Taschenlampe dann Dichtheit prüfen.

– Das Einsetzen des gesamten Vorderteils in den hinteren Teil mit dem Verschluss. Dabei ist der Spiegelkastenaufzug zu spannen, damit der Aufzugshebel vor den weißen Spiegelkastenhebel zu liegen kommt (von unten aus betrachtet). Außerdem ist der Aufzug des Schlitzverschlusses zu spannen. Sonst bekommt man den Betätigungshebel des Verschlusses vom Vorderteil nicht in die richtige Lage zu dem kupfernen Mitnehmer im hinteren Teils am Schlitzverschlußaufzug.

Dann sollte das Einsetzen des Vorderteils in das hintere Teil ganz vorsichtig und gerade erfolgen. Geht aber an sich dann doch recht gut.

– Falls man den Blendenmitnehmerring am Bajonett ausgebaut hat, diesen so mit Vorspannung einsetzen (Druck auf Tiefenschärfetaste), dass bei Kameraufzug keine Bewegung nach oben möglich ist (Nase des Rings als Anschlag am Gehäuse links unten nahe des Zahnkranzmitnehmers.)

 

Noch etwas:

Beim Funktionstest noch ohne Rückwand nicht verwirren lassen. Die Tiefenschärfefunktion funktioniert in dieser Phase noch nicht, da das 2x Aufziehen und Auslösen mit der 1/4000s noch nicht abgeschlossen ist und mangels Rückwand ja auch nie wird, da das gekuppelte Zählwerk nie anläuft. Man kann provisorisch zum Test aber den Zählwerkrücksteller hinten eindrücken.

Die ersten Funktionstests kann man zunächst auch ohne Oberteil machen.

Einen positiven Effekt hat das Ganze zusätzlich auch noch: Da der Sucher ja nun eh abgeschraubt ist, kann man ihn schön reinigen und ggf. das häufig oft lose Okularglas wieder festkleben.

Das LCD-Display zeigte fehlende Zeichen. Einfach bei der Gelegenheit oben dessen Haube ab, dann kommt man an die LCD-Scheibe und die Übertragungspads. Schön mit Alkohol reinigen und dann ist auch das wieder schön.

 

Fazit:

Liest sich jetzt vielleicht einigermaßen abschreckend, ist aber im Detail gar nicht so schlimm, wenn man Ruhe und Sorgfalt walten lässt. Ich hatte schon Objektive (z.B. neulich das AF 35-200 ix mit verölter Blende) welche gefühlt wesentlich komplizierter waren. Auch eine scheinbar simple „Vivitar 35EM compact“ kann Einen länger auf Trab halten (dort aber wegen der schlechten Material-Qualität, insbesondere des Kunststoffs.

Am Ende hat man jedenfalls eine kontaktgereinigte und funktionierende 9000, ohne den bösen Verschlus-Schmier. Ob der Blendenaufzug wieder „einpennt“ wird die Zeit zeigen. Eine sehr gut erhaltene und offenbar wenig benutzte, genauso alte 9000, die wohl Jahrzehnte mit angebautem Motor rumlag, ging als Gegenindiz sofort tadellos. Das ewige rumliegen sah man an den böse ausgelaufenen Batterien und deren Alter.

Der Artikel wurde von Dirk Münchgesang verfasst.
E-Mail: didel-m@gmx.de

 

Bildmaterial zur allgemein Zerlegung: