Infrarot-Fotografie auf Film

Von Christopher Schmidtke

Als ich vor einigen Jahren mit der analogen Fotografie begann, war sie direkt da – die Faszination für das schwarzweiße Bild. Diese Art der Abstraktion der realen Welt übte eine enorme Faszination auf mich aus. Besonders beeindruckend fand ich unter anderem das Bild der Texaco-Tankstelle auf der Route 66 von Andreas Feininger. Diese Kontraste im Himmel, erreicht durch einen Rotfilter, waren an Dramatik kaum zu überbieten. In eine solche Richtung wollte ich auch gehen.

Was benötigt wird

Nach einiger Zeit mit verschiedensten Experimenten stolperte ich dann über eine Infrarot-Aufnahme. Der Himmel war pechschwarz und die Wolken und das Gras leuchtend weiß. Wow, dachte ich – diese Art der Fotografie musste ich unbedingt ausprobieren. Nach kurzer Recherche stolperte ich über Ilfords SFX, Efke 820 IR und Rollei IR 400. Ich entschied mich für Letzteren und kaufte mir im Internet noch einen preisgünstigen Sperrfilter (720nm), um erst einmal zu schauen, ob und wie ich mit der IR-Fotografie zurechtkommen würde.

Bei Infrarotfilmen ist das Besondere, dass diese Filme für den infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums sensibilisiert sind. Das ist der Bereich zwischen 700 und 900 Nanometern Wellenlänge. Kombiniert man einen solchen Film mit einem Sperrfilter, der anderes Licht unterhalb einer bestimmten Wellenlänge abblockt, können interessante Effekte entstehen. Als erstes sticht einem der sog. Wood-Effekt ins Auge. In den Blättern von Pflanzen reflektiert das Chlorophyll infrarotes Licht sehr stark. Die Blätter erscheinen dadurch fast weiß, wohingegen der blaue Himmel das IR-Licht sehr stark absorbiert. Dadurch erscheint der Himmel fast schwarz. Wie man auf den Bildern erkennen kann, sind diese Effekte zum Teil sehr stark ausgeprägt. Das kann man in die Komposition von Bildern mit einbeziehen.

Nun ist es in der Landschaftsfotografie häufig so, dass man eher versuchen muss, die Bild-Elemente zu reduzieren, anstatt welche hinzuzufügen. Man kommt an einen Ort und ist von der Stimmung ganz begeistert. Am Ende tut man sich aber schwer damit, diese Stimmung auf den Film oder das Papier zu bannen. Mit einem Infrarot-Film sieht die Sache etwas anders aus: Wiesen, Sträucher und Büsche verschmelzen zu einer nahezu homogenen Fläche, die wesentlich aufgeräumter wirkt als ihr Pendant in einer „klassischen“ Abbildung. Solche Flächen lassen sich wirkungsvoll einem fast schwarzen Himmel gegenüberstellen. Ich mag diese fast schon piktogrammhafte Darstellung der Landschaft.

Das Filmmaterial

Ich verwende den Rollei IR 400 in meiner Mamiya RB Pro SD. Mit dem 120er Film habe ich noch genügend Möglichkeiten, die Bilder im Nachhinein zu beschneiden. So kann ich wunderbar mit verschiedenen Formaten experimentieren – 1:1, 3:2 oder 3:1.

Das Panorama im Format 3:1 unterstreicht die Komposition des einzelnen Baumes auf dem Feld. Fast schon ein Klischee, aber dennoch wirkungsvoll. Bei diesem Bild sieht man auch sehr schön, wie das Licht absorbiert wird: Die sonnenzugewandte Seite des Baumes strahlt in hellem Weiß, die abgewandte Seite verschwindet in tiefem Schwarz.

Die IR-Fotografie ist generell ein eher experimentelles Feld. Zwar kann man das Licht messen und auch grobe Vorstellungen vom Resultat im Kopf haben, doch häufig wird man auch überrascht – mal positiv, mal negativ. So muss z.B. die Sonne in einem bestimmten Winkel zum Motiv und zur Kamera stehen, um eben diesen tiefschwarzen Himmel zu bekommen. Ist dies nicht der Fall, gerät dieser eher grau, durchzogen von Schleiern.

Die besten Jahreszeiten für die IR-Fotografie sind der späte Frühling und der frühe Sommer. Wenn die Blätter noch frisch sind, scheint der Wood-Effekt am stärksten ausgeprägt zu sein. Natürlich kann man hier auch anders vorgehen. Für meine Art der Fotografie ist dies aber am passendsten. Mich fasziniert ein strahlend weißer Vordergrund vor einem pechschwarzen Hintergrund. Ich habe bereits zahlreiche Negative in der Dunkelkammer abgezogen, und in Kombination mit Barytpapier kommt man hier zu eindrucksvollen Ergebnissen. Die Schwarzwerte kommen sehr schön rüber, und man kann die Vorzüge von Barytpapier sehr gut ausnutzen.

Falls ihr es noch nicht getan habt: Schnappt euch einen IR-Film, einen passenden Filter, eine lichtdichte Kamera und legt los. Die analoge Fotografie lebt doch von solchen Experimenten.

Falls ihr Fragen haben solltet, schickt mir eine PM oder eine E-Mail an hi(at)christopherschmidtke.com

 

Christopher Schmidtke
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