Teil 1 siehe: www.aphognext.com/r-im-schatten-der-m-teil-1
Ein Klassiker wird geboren
Wie ihre Vorgängerin, die XE-1, sollte diese neue Minolta-Kamera die Basis für die neue, 1980 erschienene, Leica R4 und auch alle danach folgenden Leica SLRs bis hin zur R7 werden. Der CLS-Verschluss wurde ab der R4 von Seiko hergestellt und geliefert.
Unverkennbares Markenzeichen für alle nachfolgenden Leicas dieser Generation sollte das neue, besonders eigenständige und zeitlose Design werden. Mit der ersten Leica R4 war eine zeitgemäße und moderne Multiautomat SLR zum ersten Mal auch von Leica verfügbar. Sie verfügte über eine Selektiv- und umschaltbare Integralmessung sowie einen AE-Lock.
Der neugestaltete Sucher mit Okularverschluss zeigt 92% des aufgenommen Bildes. Ohne die Kamera vom Auge nehmen zu müssen, informiert der Sucher mit roten LEDs über die fünf möglichen Belichtungsmodi, die mittels des rechten Zeigefingers an einem Schalter unterhalb des Belichtungsrads gewechselt werden können. Das Messsystem wird durch einfaches Antippen des Auslöseknopfs oder des Programmwählers aktiviert. Bei der Umschaltung auf Blendenautomatik wird die Zeitenskala im Sucher durch eine Blendenskala ersetzt. Die am Objektiv eingestellte Blende wird optisch eingespiegelt. Suchermattscheiben können in wenigen Minuten vom Anwender selbst gewechselt werden. Die besonders große Abblendtaste befindet sich seitlich neben dem Objektiv.
Der Filmtransport erfolgt entweder manuell über einen Schnellspannhebel oder wahlweise über einen ansetzbaren Motordrive für bis zu vier Bilder pro Sekunde bzw. einen leichteren Motorwinder mit einer Frequenz von zwei Bildern/Sekunde.
Bis zum Ende der Produktion der R4 wurde die Modellreihe durch unterschiedlichste Versionen ergänzt. Dazu zählten die Leica R4 (chrom 10041), Leica R4 (schwarz 10043), Leica R4 (gold 10051), Leica R4s (10045), Leica R4s MOD 2 (10046), Leica R4s MOD P (10047).
Einige frühe Leica R4 Gehäuse tragen die Bezeichnung R4 MOT. Sie unterscheiden sich nicht von den nur als R4 markierten Modellen. Die ab 1983 erhältlichen Ausführungen R4s und R4s Mod.2. verzichteten auf die Blenden- und Programmautomatik. Bei der Version MOD P war nur die Zeit- und Programmautomatik verfügbar. Diese Versionen wurden zu einem etwas günstigeren Preis angeboten. Sie sollten den Einstieg in das R-System erleichtern.
Die Leica R4 mit ihren Derivaten war sehr erfolgreich. Nach ca. 130.000 Einheiten wurde 1986 die neue verbesserte Leica R5 vorgestellt. Äußerlich hatte sie sich kaum verändert. Auf den ersten Blick fiel der auf 1/2000 s erweiterte Verschlusszeitenbereich auf. Das Sucherokular wurde optimiert und erhielt zusätzlich eine Dioptrienkorrektur von –2 bis +2. Der Augenabstand wurde signifikant vergrößert. Damit konnten nun Brillenträger das gesamte Sucherbild sowie alle dort angezeigten Informationen auch außerhalb des Bildfeldes überblicken. Um das Innere der Kamera besser vor Staub und Feuchtigkeit zu schützen, verbesserten die Leica-Konstrukteure die Gehäusedichtungen im Bereich aller Bedienelemente. Bei der R3 sowie R4 war die Aufwickelspule des Filmtransports noch aus Kunststoff. Diese wurde ab der R5 aus Metall gefertigt.
Zum ersten Mal in einer Kamera von Leica kam eine TTL-Blitzbelichtungsregelung in Verbindung mit einem systemkonformen Blitzgerät zum Einsatz. Zusätzlich konnte die Programmautomatik auch variabel für Zeiten- oder Blendendominanz kreativ angepasst werden.
R5 “Made in Germany”
Bis 1990 erfolgte die Fertigung der R5 noch vollständig im Leitz-Werk in Portugal. Danach wurde die Fabrikation im hessischen Solms weitergeführt. Der Standortwechsel ging einher mit einigen geringfügigen äußerlichen Veränderungen. Diese ermöglichen es, die R5 Leicas “made in Germany” auf den ersten Blick von den früheren Portugiesischen zu unterscheiden. Bei den in Deutschland gefertigten Modellen ist die Typenbezeichnung R5 auf der linken und das rote Emblem auf der rechten Seite der Kamera angeordnet. Kameras aus portugiesischer Produktion tragen diese Merkmale umgekehrt. Auch wurde der Schriftzug „Leitz“ im roten Emblem durch „Leica“ ersetzt. Die Rückwand erhielt darüber hinaus eine Daumengriffmulde, um die Ergonomie zu verbessern.
Ähnlich der vereinfachten Ausführung der R4s bot man bis 1994 mit der Leica R-E eine Version der R5 ohne Programmautomatik zu einem günstigeren Preis an. Die Produktion der R5 endete bereits 1992 mit dem Erscheinen der Leica R7.
Gegen den Strom
1988 begann man bei Leica, neben der elektronisch gesteuerten R5 auch eine komplett neu entwickelte, rein mechanische Kamera zu produzieren. Die R6 entsprach optisch der R5 und wurde von Beginn an in Solms gefertigt. Ende der 80ger Jahre wurde der Markt mehr und mehr von vollelektronischen Autofokus-Kameras erobert. Gleichzeitig besannen sich mehr und mehr Fotografen auf puristische Kameras zurück, die dem Anwender volle Kontrolle über seine Arbeit gaben. Mit der Leica R6 – und später, ab 1992, der Nachfolgerin R6.2 – konnte Leica genau diesem besonderen Klientel gerecht werden.
Durch die vollkommene Unabhängigkeit von einer Stromversorgung ist sie auch heute noch in extremen klimatischen Regionen ein beliebtes und zuverlässiges Gerät. Die Batterie wird nur für die kamerainterne Spot- und Integralbelichtungsmessung benötigt. Darüberhinaus besitzt auch die R6 eine TTL-Blitzsteuerung und eine Spiegelarretierung. Die R6.2 unterscheidet sich außerdem durch das Vorhandensein der 1/2000s und den technisch leicht optimierten CLS-Verschluss der R6. Gehäuse und Zeitrad haben eine etwas größere Bauhöhe im Vergeleich zur R6. Die Anzeige des Zählwerks wurde gegenüber der R6 vergrößert und weiter nach vorne verlagert. Besonders charakteristisch für die R6.2 ist ein Nachsummgeräusch bei 1/250s.
Die Leica R7
Zur PhotoKina 1992 stellte das Unternehmen mit der Leica R7 die Nachfolgerin der R5 vor. Im Detail wurde die Elektronik in Bezug auf Belichtungsmessung, TTL-Blitzsteuerung und Sucheranzeigen entscheidend verbessert. Im Gegensatz zur R5 kann nun der Blitz als Haupt- oder Aufhelllicht verwendet werden. Vorraussetzung ist die Verwendung eines SCA 350/351/550/551 Adapters. In der Programmautomatik wird die Umschaltung zwischen voller Leistung und Aufhellblitz den Lichtverältnissen automatisch angepasst. Die Blitzmessung ist selektiv oder integral möglich.
Neu war auch die DX-Einstellung. Entsprechend codierte Filmpatronen von ISO 25 bis 5000 wurden nun automatisch erkannt. Die manuelle Einstellung ließ Werte von ISO 6 bis 12.800 zu. Die Empfindlichkeit des Messsystems wurde um 1EV am unteren Ende erweitert.
Die zusätzliche Elektronik machte eine Erhöhung der Bodenplatte um knapp 11mm für die Unterbringung der entsprechenden Komponenten nötig. Mehr Ausstattung bedeutete auch mehr Stromverbrauch. Die R7 benötigte daher eine 6-Volt-Spannungsversorgung in Form von jetzt vier Silberoxidknopfzellen. Wie bei den Vorgängermodellen ist eine Notzeit von 1/100 s beim Ausfall der Spannungsversorgung vorhanden.
Für eine bessere Griffigkeit bietet die R7 zum ersten Mal eine„Off“ Stellung am jetzt um 6,5mm erhöhten Zeitenrad. Dieses erlaubt nun auch Mittelstellungen zwischen den Zeiten. Das Bildzählwerk befindet sich nun vor dem Wahlschalter. Eine Lupe erleichtert die Ablesbarkeit.
Das Ende einer Ära
Die Leica R7 stellte eindeutig alle ihre Vorgängerinnen in den Schatten. Neben der R6/6.2 war sie sicherlich die interessanteste Vertreterin der R Serie und war bis 1997 erhältlich. Die neue Leica R8 – und anschließend die R9 – waren komplett eigenständig neu konstruierte Kameras und sind daher nicht Teil dieses Artikels.
2002 wurde die Produktion der R6.2 als letzte klassische R Leica eingestellt. Grund hierfür war das Ende der CLS-Verschlussproduktion durch Seiko. Dies beendete eine über 26-jährige Geschichte, die als Zusammenarbeit zwischen Leica und Minolta begann.
Wie sieht der Fachmann die Leica-Modelle R3–R7?
Leica selber hat jeglichen Service für alle filmbasierten Leicaflex sowie alle R-Modelle eingestellt. Den Ersatzteilbestand und das Spezialwerkzeug wurde an die Firma Paepke Fototechnik in Düsseldorf weitergegeben. Im direkten Gespräch haben wir den Inhaber nach seiner langjährigen Erfahrung gefragt, ob die Leica Kameras wirklich ihrem Ruf gerecht werden – und wie es sich mit der Ersatzteilsituation verhält.
Die gute Nachricht vorweg: Für alle Kameras der Modelle R3–R7 sind auf lange Sicht ausreichend Ersatzteile vorhanden. Daher spricht Herr Paepke besnoders für die R5 bis R7 eine klare Empfehlung aus, bei der Überlegung ins R System einzusteigen. Vorsicht ist geboten bei den ersten R4-Modellen vor der Seriennummer 1.600.000. Die ersten Modelle hatten Probleme mit der Elektronik. Die nachfolgenden R4-Modelle sind davon nicht betroffen.
Abraten muss er ganz klar von den wesentlich jüngeren R8 und R9. Seit Anfang des Jahres ist der Ersatzteilbestand komplett aufgebraucht. Eine Reparatur ist nicht mehr möglich.
Weiterhin kann man feststellen, dass die Modelle R5–R7 auch außerordentlich robuste Kameras sind. Äußerlich verschlissene und offensichtlich viel verwendete Geräte sind bei der technischen Prüfung häufig in einem tadellosen Zustand – ganz im Gegensatz zu vielen Vitrinenmodellen, die trotz der geringen Auslösungen einer Grundüberholung bedürfen. Grund hierfür ist das besonders komplexe und vibrationsfreie Getriebe der Spiegelmechanik, das bei mangelnder Bewegung verharzt. Die Wartezeit für eine Reparatur beträgt mittlerweile ca. 3 Wochen, mit steigender Tendenz.
Achten sollte man auch auf den Zustand der Antireflexbeschichtung des Spiegelkastens. Ein Problem, das auch bei Mittelformatkameras von Hasselblad bekannt ist. Dieser ist mit einer gummierten Folie beklebt, die nach einigen Jahren erst Risse bekommt und dann, je nach Lagerung der Kamera, teilweise zerfällt und die Mechanik verschmutzen kann.
Risse und ein Vergrauen sind in der Regel ohne Konsequenzen. In fortgeschritten Fällen ist ein Austausch anzuraten. Leica hat der Firma Paepke die Bezugsquellen des Materials zugänglich gemacht. Ein Austausch ist daher bei Bedarf problemlos möglich.
Erschienen in der PhotoKlassik
Autor: Marwan El-Mozayen