Manuelles Blitzen mit manuellen Kameras

Ich habe mich mit verschiedenen Problemen beschäftigt, die mit der Nutzung von klassischen, mechanischen Kameras in Verbindung mit Blitzgeräten auftreten. Dazu möchte ich einige Kameramodelle vorstellen, die mit unterschiedlichen Anforderungen an die Blitzsynchronisation daherkommen, sowie verschiedene Möglichkeiten zum manuellen Blitzen erläutern.

Die vorgestellten Kameras repräsentieren eine breite Masse an Modellen verschiedener Marken, die alle ähnlich aufgebaut sind. Damit wird das gängige Spektrum abgedeckt. Ich werde weniger über das Blitzen selbst erzählen, denn das Blitzen wird bereits häufig in Fachbüchern oder Seminaren dargestellt. Hier soll es nur um die technischen Anforderungen an den Nutzer gehen, um dem Fotografen einen Überblick über verschiedener Methoden aufzuzeigen. Vorzugsweise gehe ich auf den mobilen Einsatz ein, da sich diese Arbeitsweise nicht groß von Studioblitzen unterscheidet. Diese werden meistens manuell bedient, und die optimale Belichtung wird „auf Sicht“ an einer Digitalkamera oder mit einem Blitzbelichtungsmesser ermittelt.

Eine Kamera, die komplett manuell zu bedienen ist, wird auch nur mit manuellen Blitzgeräten (bzw. der manuellen Einstellung an modernen Geräten) funktionieren. Selbst Kameras mit automatischer Belichtung können in den seltensten Fällen das externe Blitzgerät so kontrollieren, wie wir es von der TTL-Messung gewohnt sind. Ausnahmen bilden hier die sogenannten „Computerblitze“, die mit einer eigenen Messmethode daherkommen – aber dazu später mehr.

Blitzschuh mit Kontakten · “Hot Shoe”

Abbildung 1: Nikon FM2n

Die meisten Kameras werden mit einem klassischem Blitzschuh mit Kontakten (Hot Shoe) sowie einem Anschluss für ein PC-Blitz-Synchronkabel ausgestattet sein. Hier bei dieser Nikon FM2n (1983) ist der Anschluss unter einer schwarzen Kappe zum Herausdrehen versteckt. An solchen Kameras wird der Blitz in den Schuh gesteckt und auch direkt über diesen ausgelöst. Auch Sender für kabellose Studioblitze lassen sich auf diesen Schuh stecken.

Abbildung 2

Wichtig ist nun, dass man eine Verschlusszeit wählt, die nicht kürzer als die angegebene Blitzsynchronzeit ist. Meist ist diese Verschlusszeit extra rot auf dem Wahlrad markiert (Abbildung 2). Die FM2n hat eine Blitzsynchronzeit von 1/250 Sekunde. Für die damalige Zeit war das etwas Besonderes, denn viele Kameras haben nur eine Blitzsynchronzeit von 1/125 oder gar 1/60. Die genauen Angaben entnimmt man am besten der Anleitung. Langsamere Zeiten gehen immer, schnellere führen zu fehlbelichteten Aufnahmen: Der Verschluss läuft dann nicht mit dem Blitz synchron und bedeckt Teile des Bildes.

Blitzschuh ohne Kontakte · “Cold Shoe”

Einige Kameras wie diese Leica M3 (1954–1967) haben keinen Blitzschuh, sondern nur einen Zubehörschuh, auch “Cold Shoe” genannt. Dieser hat keine Kontakte zur Blitzsynchronisation und hält einfach nur das Equipment fest. Bei Leica ist dieser vor allen Dingen für Belichtungsmesser (Leicameter) oder Aufstecksucher gedacht, für Brennweiten, die von der eingebauten Messsuchereinheit nicht abgedeckt werden. Leica-M-Modelle ab 1977 (Leica M4-2) besitzen einen Zubehörschuh mit Kontakt.

Abbildung 3: Leica M3

Bei allen Leica-M Modellen liegt die Blitzsynchronzeit bei 1/50 Sekunde. Sie ist durch einen roten Blitz im Wahlrad gekennzeichnet.

Abbildung 4

Auf der Rückseite liegen Anschlüsse für Blitzbirnen und elektronische Blitzgeräte. Für uns sind nur letztere von Belang. Normalerweise sind diese Anschlüsse bei einer Leica M3 sehr speziell: Man benötigt einen klobigen Adapter, um einen herkömmlichen PC-Anschluss verwenden zu können. Dieses M3-Exemplar wurde im Nachhinein modifiziert und bietet Anschlüsse, die eigentlich erst bei späteren Modellen Verwendung fanden.

Abbildung 5

Zu beachten ist, dass der Blitz möglicherweise nicht auslöst, wenn er über ein PC-Kabel mit der Kamera verbunden ist und der Kontakt (der eigentlich für einen Blitzschuh gedacht ist) leitendes Metall berührt. Das passiert beispielsweise immer dann, wenn man einen Funkauslöser über den PC-Anschluss mit der Leica verbindet, um kabellos im Studio blitzen zu können – und dann die Funkeinheit auf den Zubehörschuh steckt. Um dieses Problem zu lösen, kann man den Kontakt mit Klebeband abkleben oder ein Stück Papier dazwischenlegen.

Ausschließlich mit PC-Anschluss

Bei den Nikon F-Modellen verhält es sich ein wenig anders: Die Nikon F (1959–1973), Nikon F2 (1972-1980) und Nikon F3 (1980-2001) besitzen zwar einen PC-Anschluss, jedoch keinen herkömmlichen Blitz- oder Zubehörschuh. Dieser wurde erst ab der Nikon F4 eingeführt. Der Anschluss für Blitze bei den älteren Kameras ist eine besondere Konstruktion, die es bei Nikon gab.

Abbildung 6: Nikon F

In der Regel werden die Kameras, die nur über einen PC-Anschluss verfügen, über den Anschluss direkt an eine Studioblitzanlage oder einen Stabblitz angeschlossen. Natürlich kann man auch einen separaten Griff mit Zubehörschuh an der Kamera befestigen und darauf dann einen Blitz montieren. Wieder andere Modelle, wie z.B. der Nikkormat FTN, bieten die Möglichkeit, einen zusätzlichen Zubehörschuh (Cold Shoe) direkt an der Kamera anzubringen – im Prinzip ist das jedoch mit jeder Kamera auf verschiedene Weisen möglich.

Abbildung 7
Abbildung 8

Blitz-Adapter · Nikon

Bei den alten Nikons gab es nun einen Adapter, der auf den merkwürdigen Blitz-Anschluss und damit über den Filmrückspulknopf geschoben wird. Links im Bild zu sehen ist der AS-1, der mit der Nikon F und F2 kompatibel ist. Er macht es möglich, herkömmliche Blitzgeräte und Sender zu montieren.

Abbildung 9: Nikon AS-1
Abbildung 10

 

Zentralverschlüsse

Nun möchte ich noch die Funktionsweise von Kameras mit Zentralverschlüssen erläutern. Zentralverschlüsse sind meistens direkt mit Objektiven verbaut. Deshalb haben diese Objektive selbst einen PC-Sync-Anschluss. Das trifft auf Mittel- und Großformatkameras gleichermaßen zu – unabhängig davon, ob es sich um eine einfache Agfa-Faltkamera oder ein Baukastensystem wie das der Hasselblad V-Serie oder das Mamiya RB/RZ-System handelt.

Abbildung 11: Hasselblad 500C

Der Vorteil von Zentralverschlüssen ist, dass man in der Regel auch mit der höchsten Verschlusszeit blitzen kann. Diese liegt jedoch nicht höher als 1/500 Sekunde. Je nach Modell kann die maximale Verschlusszeit auch nur bei 1/400, 1/300 oder 1/250 Sekunde liegen. Ein wichtiger Punkt ist nun die Einstellung des Synchronisationsmodus am Verschluss. Hier kann nun zwischen den Einstellungen „M“ und „X“ gewählt werden. Für uns kommt nur die X-Variante infrage, da der M-Modus für die Abbrenndauer von Blitzbirnen optimiert wurde. Hier im Bild ist auch noch einmal der Anschluss für das PC-Kabel zu erkennen. Die Stellung „V“ an diesem Objektiv ist ein Selbstauslöser. Sie hat mit der Blitz-Einstellung nichts zu tun.

Abbildung 12

Mini-Blitze

Nun aber zu den Möglichkeiten, die uns Blitzgeräte liefern! Blitze findet man zuhauf auf eBay oder auch auf Trödelmärkten. Manchmal sind sie auch einfach nur „Beifang“. Wenn man manuelle Kameras benutzt, ist die Zahl der geeigneten Blitzgeräte endlos. Selbst moderne Blitzgeräte lassen sich manuell ansteuern und an diesen Kameras verwenden.

Abbildung 13: Unomat Polo

Da ich nicht besonders häufig blitze, hat sich bei mir ein sehr kleiner Blitz etabliert. Umgangssprachlich heißt er auch „Mini-Blitz“. Es ist ein Unomat Polo, der ein gutes Beispiel für diese Art von Blitzgeräten ist. Der Vorteil liegt auf der Hand: Er ist klein und leicht, nimmt daher nicht viel Platz weg und passt immer noch in die Fototasche.

Der Blitz an sich bietet nicht viele Funktionen. Man kann ihn ein- und ausschalten und manuell auslösen. Das wars. Sofern aufgeladen, gibt der Blitz immer seine maximale Leistung ab. Daran lässt sich auch nichts ändern. Auf der Rückseite findet sich eine Tabelle, mit deren Hilfe man die passende Blende findet, wenn man die verwendete Filmempfindlichkeit und den Abstand zum Motiv berücksichtigt. Die Tabelle rechnet mit der sogenannten Leitzahl, abgekürzt mit LZ. Die Leitzahl gibt die ungefähre Leistung eines Blitzes an. Von Vorteil ist, dass man auch ganz gut mit ihr rechnen kann. Die Leitzahl ist das Produkt aus dem Abstand (A) und der erforderlichen Blende (B). Über die Leitzahl kann die Entfernung zwischen Blitzgerät und Motiv berechnet werden, bei der ein Blitz das Motiv ausreichend beleuchtet – oder umgekehrt: Den Abstand errechnet man, indem man die Leitzahl durch die Blende teilt. Die erforderliche Blende errechnet man, indem man die Leitzahl durch den Abstand teilt. Die Leitzahl bezieht sich in der Regel auf eine Filmempfindlichkeit von 100 ASA bzw. 21 DIN oder 100/21° ISO. Manchmal, das ist jedoch selten, bezieht sich diese Angabe bei älteren Blitzgeräten auch auf 50/18° ISO.

Abbildung 14

Ein weiterer Vorteil des Unomat Polo ist, dass er auch mit einem PC-Kabel an eine Kamera angeschlossen werden kann (Abbildung 8). Das macht den Blitz zu einem regelrechten Allrounder. Natürlich gibt es aber auch für wenig Geld allerhand Kabel in unterschiedlichen Längen und mit unterschiedlichen Adaptern zu erwerben. Damit wird jede Art von Blitzansteuerung und Motiv-Abstand möglich.

Blitzbelichtungsmesser

Etwas Kontrolle über die effektive Ausnutzung der Blitzleistung kann man gewinnen, wenn man den Blitz mit Graufiltern vor der Linse oder direkt mit Filtern vor dem Blitz reguliert. Manchmal tun es auch Schreibpapier oder Taschentücher. Die echte Leistung, die am Motiv ankommt, sollte man dann jedoch mit einem Blitzbelichtungsmesser (Lichtmessung mit Kalotte) überprüfen. Wenn man dann die Leitzahl über diesen Faktor korrigiert, kann man auch mit der aufgesetzten gebastelten Filterung rechnen.

Abbildung 15: Sekonic L-308S

Mit einem solchen Blitzbelichtungsmesser kann man nicht nur im Studio arbeiten, sondern auch jeden erdenklichen Aufsteckblitz messen. Je nach verwendetem Setup – oder gar bei mehreren parallel geschalteten Blitzen – kann das sehr sinnvoll sein.

Moderne Systemblitze

Für etwas mehr Kontrolle über die Blitz-Leistung gibt es Geräte, bei denen man die Leistung regulieren kann. Dabei kann man  auch ein modernes Blitzgerät, das sonst bei digitalen Kameras zum Einsatz kommt, auf mechanischen Kameras im manuellen Modus benutzen. Als Beispiel wähle ich hier einen Nikon SB-700. Diesen habe ich um eine selbstgebastelte Tabelle zur Kalkulation der Blitzleistung erweitert, denn der Blitz selbst lässt eine Rechnung mit diesen Parametern innerhalb des Systems nicht zu. Man kann lediglich die Leistung regulieren. Andere Modelle bieten teilweise auf dem Display genaue Angaben zu Entfernung und Blende. Damit entfällt dann die lästige Rechnerei. Die Leitzahl eines Blitzgerätes steht in der dazugehörigen Anleitung. Wichtig ist, dass man die jeweilige Streuung im Kopf des Blitzes berücksichtigt. Die Leitzahl gilt dabei nur für eine Einstellung, die mit der verwendeten Brennweite an der Kamera einhergeht. Da ich hauptsächlich Normalbrennweiten verwende, habe ich meine Tabelle auf diesen Wert hin angelegt. Die Rechnung mit der Leitzahl lässt sich nur beim direkten Blitzen anwenden. Das indirekte Blitzen, z.B. an die Decke, lässt sich damit nicht kalkulieren. Bei einer normalen Deckenhöhe von 2,5 bis 4 Metern und einem weißen Anstrich sollte man, so habe ich festgestellt, mit einem Verlust von 2 bis 3 Blenden rechnen.

Abbildung 16: Nikon SB-700

Computerblitze

Zu guter Letzt gibt es noch die „Computerblitze“. Meiner Meinung nach sind sie die komfortabelste Möglichkeit, mit manuellen Kameras zu blitzen. Diese Geräte gibt es in unterschiedlichen Größen und Leistungsstufen. Leider habe ich noch keinen wirklich kleinen gefunden. Als Beispiel für einen Computerblitz oder einen Blitz mit eingebauter Blitz-Belichtungssteuerung – und als Beispiel für einen Stabblitz – möchte ich hier den Metz 45 vorstellen. Wie bei vielen Blitzen aus dieser Zeit entspricht die Zahl im Namen der Leitzahl des Gerätes. Ein Stabblitz ist nichts anderes als ein Blitz auf einem Griff, der zusätzlich über das Stativgewinde an der Kamera befestigt wird (Abbildung 7). Oft bestechen diese Blitzgeräte mit ihrer recht schnellen Ladezeit und hohen Anzahl an Auslösungen – und damit, dass diese Geräte genau dafür konzipiert wurden.

Abbildung 18: Metz 45 CL-1

Der wesentliche Vorteil ist allerdings die automatische Steuerung der Belichtung über die Blitzleistung. Dazu hat der Blitz einen kleinen Sensor, der zum Motiv zeigt. Dabei ist die Stellung des Blitzkopfes, sei er zur Seite oder an die Decke gerichtet, egal. Am Blitz selbst muss man nur die Empfindlichkeit des Films angeben, der in die Kamera eingelegt ist und die an der Kamera eingestellte Blende. Wenn man jetzt auslöst, entlädt sich der Blitz vollständig, bevor der Verschluss geöffnet ist. Dann misst er das vom Motiv reflektierte Licht und wählt eine Leistung, die zur optimalen Belichtung beiträgt. Wenn der Verschluss dann offen ist, entlädt sich der Blitz mit angepasster Leistung. Dies alles geschieht in Sekundenbruchteilen.

Abbildung 19

Ein weiterer Vorteil ist, dass man dem Blitz auch eine vorgewählte Blende vorgaukeln kann. Damit lässt sich die (zusätzliche) Belichtung beeinflussen. Möchte ich also den Blitz nur als Auffhellblitz verwenden, stelle ich Blende 5.6 ein – obwohl ich Blende 11 benutze, oder 400 ASA statt der eigentlich genutzten 100. Eine manuelle Nutzung mit kompletter Entladung ist natürlich ebenfalls möglich. Aufgrund ihres geringen Preises sind diese Geräte durchaus attraktiv. Baut man mehrere Geräte zusammen auf, lässt sich damit ein kleines Studio errichten.

Abbildung 20

Das einzige, was man bei alten Blitzgeräten in Verbindung mit digitalen Kameras beachten sollte, so sagt man, ist die Zündspannung. Diese ist oft viel höher als die der modernen Geräte. Das kann die empfindliche Elektronik beschädigen, wenn sie direkt an die Kamera angeschlossen sind. Ich selbst habe jedoch noch keine Beschädigungen durch alte Geräte verbuchen müssen. Im Zweifel steuert man den Blitz einfach indirekt über eine Funkeinheit an.

Beispiele

Nikon F | APX100 | Metz 45 CL-1

 

Nikon F | Fomapan 400 | 1600 ASA | Metz 45 CL-1

 

Nikon F2 | Fomapan 100 | Metz 45 CL-1

 

Leica M3 | HP5 | Metz 45 CL-1

 

Mamiya Universal | HP5 | Jinbei DC 600

 

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Ich beschäftige mich viel mit der Fotografie im Allgemeinen, was sich auch in meinen Arbeiten zeigt. Momentan setze ich mich fast ausschließlich mit dem künstlerischen Potenzial dieses Mediums auseinander. Seit 2015 bin ich gelernter Fotograf. Aktuell studiere ich die Fotografie an der Fachhochschule Dortmund. Für die Fotografie ist die Wahl der Ausrüstung ebenso wichtig, wie die Verarbeitung des Materials und Farbe des Kameragurts.